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Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit loyal - Magazin für Sicherheitspolitik
Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit: CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab dem Magazin loyal (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Marco Seliger.
loyal: Sie twittern gern. Da hat man pro Post nur 140 Zeichen und muss seine Gedanken prägnant auf den Punkt bringen. Wollen wir das für dieses Interview auch versuchen?
Peter Tauber: Das können wir versuchen, ist aber eine Herausforderung und gelingt nicht immer. Und es ist schon ein bisschen schade, denn ich dachte, in einem Magazin wie loyal könnte man einen Gedanken auch etwas ausführen.
Frage: Das kann man, aber wir versuchen eben auch, unsere Gesprächspartner zu möglichst prägnanten Aussagen zu bewegen. Was haben Sie im vergangenen Jahr getwittert, als Russland die Krim besetzte?
Tauber: Das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht mehr. Ich kommentiere nicht alle politischen Ereignisse auf Twitter. Manchmal teile ich auch nur Links zu Artikeln, die ich treffend finde. Aber mit dem einen oder anderen Putin-Versteher habe ich mich im Laufe der Zeit schon gestritten und auch die üblichen Troll-Angriffe erlebt.
Frage: Hat es Sie überrascht, wie wirksam das Putin-Regime über das Internet seinen Krieg in Osteuropa begleitet?
Tauber: Ja und nein. Ich habe schon beim Arabischen Frühling nicht zu denen gehört, die Facebook und Twitter mit Demokratie und Freiheit gleichgesetzt haben. Denn das sind Instrumente, die von politischen Systemen natürlich auch für ihre Zwecke genutzt werden können. In einer freiheitlichen Demokratie wie unserer können sie zur Meinungsvielfalt beitragen, aber in Diktaturen können und werden sie genutzt, um ein bestimmtes Meinungsbild zu produzieren und zu verstärken. Im Ukrainekonflikt ist es besonders auffällig, dass repressive Systeme wie Russland das Internet für ihre hybride Kriegsführung nutzen. Wir westliche Demokratien haben darauf noch keine Antwort, auch unsere Medien nicht.
Frage: Was meinen Sie damit?
Tauber: Klassische Propaganda findet sich in unseren Qualitätsmedien nicht. Damit sind wir aber gegenüber dem einseitigen Meinungsbild, das Putin und sein Regime in den russischen Medien geprägt haben, automatisch im Nachteil.
Frage: Inwiefern?
Tauber: Der Westen ist böse, der Kreml ist gut - so wird es in den russischen Medien dargestellt. Das macht es Putin leichter, seine Ziele zu erreichen. Unsere Medien malen kein Schwarz-Weiß-Bild. Bei uns gibt es Pluralismus, viele Meinungen und wir Politiker müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Regierungsposition in unseren Medien mitunter hart kritisiert wird. Das macht es sicher nicht einfacher, in einem solchen Konflikt zu agieren. Wie wir mit teils verfälschender Kritik oder Fakten verdrehender Berichterstattung umgehen, ohne die Meinungsfreiheit in unserem Land zu beschneiden, darauf haben wir noch keine Antwort.
Frage: Wie sähe Ihre Antwort aus?
Tauber: Weiß ich noch nicht. Aber Troll-Fabriken wie in Russland werden wir sicher nicht bauen. Wir werden mehr Zeit verwenden müssen, gerade jungen Menschen sowohl bei uns als auch im Ausland den Wert von Pluralität und Meinungsvielfalt zu vermitteln. Viele Leute wenden sich Systemen wie dem Putins zu, weil die vermeintlich klare Antworten liefern, weil sie schwarz-weiß malen. Das ist für viele Menschen verlockend. Sie sehnen sich nach einfachen Antworten. Meinungsvielfalt liefert die aber nicht. Meinungsvielfalt ist kompliziert und anstrengend. Aber sie zwingt uns Politiker auch, für unsere Politik immer wieder überzeugende Argumente zu liefern.
Frage: Das Putin-Regime lässt im Internet manipulieren, wo es nur geht. Wie kann man im Netz eigentlich noch zwischen Wahrheit und Manipulation unterscheiden?
Tauber: Wenn es um Politik geht, dann sind meine wichtigsten Informationsquellen immer noch die klassischen Qualitätsmedien wie die Süddeutsche, FAZ, Welt, die Öffentlich-Rechtlichen etc. Auch die machen natürlich Fehler, aber von allen Medien versuchen sie es für meine Begriffe am seriösesten, sich an den Fakten zu orientieren. Deshalb ist es für unsere Demokratie unerlässlich, dass es gute Journalisten gibt.
Frage: Was verfolgen Sie mit Ihrer Präsenz im Internet?
Tauber: Wenn immer mehr junge Menschen YouTube, Twitter und Facebook nutzen statt eine Tageszeitung zu abonnieren, dann kann ich zwar meiner Heimatzeitung immer noch ein Interview geben, muss aber auch im Netz ein Angebot machen. Genau das versuche ich.
Frage: Wann haben Sie Ihre letzte Wehrübung geleistet?
Tauber: Das war 2012 am Militärhistorischen Museum in Dresden.
Frage: Was haben Sie da gemacht?
Tauber: Ich habe für die Ausstellung zum Ersten Weltkrieg zugearbeitet. Damals war ich ja schon Abgeordneter und hatte leider nur zwei Wochen Zeit zu üben.
Frage: Warum üben Sie nicht in der Internetredaktion der Bundeswehr? Da könnten Sie Ihre Social-Media-Kenntnisse einbringen.
Tauber: Das ist eine sehr gute Idee. Muss ich drüber nachdenken. In der Vergangenheit hatte ich aber immer mehr Freude daran, etwas zu machen, das nichts mit meiner zivilen Tätigkeit zu tun hat. Ich bin Jäger, das Infanteristische hat mir Spaß gemacht. Aber vielleicht werde ich dafür langsam zu alt. In der Tat würde ich gern mal wieder eine Wehrübung machen.
Frage: Hat der CDU-Generalsekretär nichts anderes zu tun als Wehrübungen zu leisten?
Tauber: Doch. Und wie ich sagte: Von mehreren Wehrübungen kann nicht die Rede sein, sondern es wäre schön, mal wieder eine zu machen. Denn ich bin gern bei der Bundeswehr. Ich habe dort viel über mich und das Führen und Motivieren von Menschen gelernt. Wenn ich übe, dann mache ich das für mich persönlich, aus Verbundenheit zur Truppe. Wenn das zugleich demonstriert, dass wir als Union an der Seite der Bundeswehr stehen und für die Belange und Sorgen von Soldaten Verständnis haben, dann ist das natürlich gut.
Frage: Wie ist das, wenn Sie als Abgeordneter zum Dienst antreten: Melden Sie sich dann wie jeder Reservist bei Ihrem Vorgesetzten oder werden Sie vom Kommandeur persönlich am Kasernentor abgeholt?
Tauber: Das war Gott sei dank bisher noch nicht so. Da haben die Kameraden und Vorgesetzten nicht viel Aufhebens um mich gemacht. Ich war normaler Soldat.
Frage: Sie untertreiben. Normale Soldaten werden in der Regel nicht vom Verteidigungsminister persönlich zum Oberleutnant befördert.
Tauber: Stimmt. Thomas de Maizière hat sich das bei Abgeordneten vorbehalten. Eine schöne Geste. Und eine Ehre.
Frage: Inzwischen haben Sie den Sprung vom Oberleutnant zum General geschafft, und zwar direkt. Eine einmalige Karriere...
Tauber: (lacht) Richtig, ich habe ein paar Dienstgrade übersprungen.
Frage: Werden Sie jetzt mit General angesprochen?
Tauber: Es gibt Kollegen, die den „Sekretär“ weglassen. Ohne dass ich Amtsanmaßung betreiben will, aber dem widerspreche ich dann auch nicht. Die Bezeichnung „Generalsekretär“ ist schon treffend. Als Sekretär habe ich eine dienende Funktion mit dem Auftrag, Dinge zu erklären, Positionen klar zu machen und zu besetzen. Und als General muss ich mir Gedanken machen, wo die CDU morgen steht und eine Zukunftsstrategie erarbeiten. Für die einen bin ich mehr der Sekretär, für die anderen mehr der General.
Frage: Gibt es Parallelen zur Tätigkeit eines Generals in der Bundeswehr?
Tauber: Dazu weiß ich zu wenig darüber, was Generale in der Bundeswehr machen. Ich bin ja nur einfacher Oberleutnant. Aber in meinem politischen Amt gilt sicher dasselbe wie für einen General in der Bundeswehr: Man muss erst gelernt haben zu dienen, ehe man führen kann.
Frage: Die Verteidigungsministerin hat eine breite Debatte zur deutschen Sicherheitspolitik angekündigt, um anschließend das Weißbuch zu schreiben. Von dieser Debatte ist bisher nicht viel zu hören, am Weißbuch wird aber schon kräftig gearbeitet. Sie sind Politiker, Reservist und sicherheitspolitisch interessiert. Warum äußern Sie sich nicht stärker dazu?
Tauber: Natürlich könnte ich dazu ganz viel twittern und posten. Aber das würde zu kurz springen. Bei der CDU gibt es einen Fachausschuss zum Weißbuch unter Leitung von Roderich Kiesewetter. Dort wird die Position der Union zur deutschen Verteidigungspolitik formuliert. Wir werden dann natürlich auch mit unseren Mitgliedern und in sozialen Netzwerken diskutieren.
Frage: Wie wollen Sie dafür sorgen, dass diese Diskussion nicht, wie in der Vergangenheit, wieder nur in Fachzirkeln geführt wird?
Tauber: Wir müssen es schaffen, die Debatte über die deutsche Sicherheitspolitik an den Themen auszurichten, die die Leute berühren. Die Flüchtlingswelle nach Europa ist so ein Thema. Denn die Ursachen dafür liegen oft in Kriegen und Konflikten, von denen viele nicht weit entfernt stattfinden. Wir müssen uns darüber klar werden, wie wir uns künftig in solchen Gebieten engagieren wollen. Das gehört dann auch in das Weißbuch.
Frage: Wo diskutiert man heute öffentlich über deutsche Sicherheitspolitik: im Saal oder im Netz?
Tauber: Die Leute in einen Saal zu locken, wird tatsächlich immer schwieriger. Dazu braucht man spannende Formate und gute Gäste. Für eine Diskussionsveranstaltung über die Einsätze der Bundeswehr mobilisiert man zum Beispiel viel mehr Leute, wenn dort Soldaten sind, die über ihre konkreten Erfahrungen berichten.
Frage: Und wie sieht es im Internet aus?
Tauber: Wenn man zum Beispiel zum Ukrainekonflikt oder zum Nahen Osten twittert, erzielt man in der Regel sofort eine Reaktion. Die meisten Leute haben dazu eine Meinung und teilen sie mit. Die Frage ist allerdings, ob daraus tatsächlich eine Diskussion mit Mehrwert entsteht.
Frage: Diskussionen im Netz nehmen immer öfter einen unschönen Verlauf. Das Internet ist die öffentliche Bühne für die Irrlichter unserer Gesellschaft geworden. Wie gehen Sie mit Shitstorms um?
Tauber: Davon bin ich bislang verschont geblieben. Ich lege es in meiner Kommunikation aber auch nicht auf Krawall an. Wenn ich wollte, könnte ich jeden Tag einen Shitstorm produzieren. Aber davon abgesehen: Wirklich neu ist das alles nicht. Diese Menschen gab es schon immer, nur dass sie jetzt durch das Netz feststellen, dass sie nicht allein sind auf der Welt. In der Gruppe und in der Anonymität traut man sich mehr und pöbelt los. Und als gewählter Politiker kann man nicht fliehen und muss die Stellung halten. Das kann aber auch Spaß machen.
Frage: Das hört sich masochistisch an. Wie kann es einem gefallen, wenn die Leute kübelweise Gülle über einem ausschütten?
Tauber: Ach, wenn es nur Gülle wäre. Es gibt auch Drohungen, etwa „Der Strick wird schon geknüpft“. Aber mich berührt das nicht sonderlich. Letztlich zeigt sich durch solche Auswüchse nur, wie ehrlich und diskursfähig unsere Gesellschaft ist.
Frage: Schreibt Ihnen die Kanzlerin eigentlich SMS?
Tauber: Ja, wir kommunizieren auch über SMS.
Frage: Kürzt sie Wörter ab oder schreibt sie immer korrekt aus?
Tauber: Den berühmten BwAbküFi gibt es auch in der CDU. Sie kürzelt mit AM, ich mit Tau.
Frage: „Ihr General“ schreiben Sie also nicht ans Ende einer Nachricht?
Tauber: (lacht) Nein. Eher bin ich der GS, und sie ist die PV.
Frage: PV?
Tauber: Parteivorsitzende.
Frage: Ach so.
Herr Tauber, die meisten Antworten waren länger als 140 Zeichen. Dennoch vielen Dank für das Gespräch.