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Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der "Bild am Sonntag"
Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit:
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der „Bild am Sonntag“ (30.03.2014) folgendes Interview. Die Fragen stellten Martin S. Lambeck und Alexander Rackow.
Bild am Sonntag (BamS): Herr Tauber, 2006 haben Sie sich noch als klarer Abtreibungsgegner profiliert, benutzten Begriffe wie "Vaterland", "Patriotismus" und "Kameradschaft". Inzwischen scheinen Sie sich vom strammen Konservativen zum Sozialliberalen gemausert zu haben...
Peter Tauber: Sicher nicht. Ich bin in manchen Fragen konservativ, in anderen durchaus liberal. Der eine oder andere muss damit leben, dass er mich nicht in eine feste Schublade stecken kann.
BamS: Aber die CDU ist der SPD doch immer ähnlicher geworden: Mindestlohn, Rente ab 63, Abschaffung von Wehrpflicht und Realschule. Gibt es eigentlich noch ein konservatives Profil? Und wenn ja, wo?
Tauber: Ich finde überhaupt nicht, dass CDU und SPD sich ähnlich sind. Es gibt fundamentale Unterschiede: Die SPD glaubt, dass der Staat in der Lage ist, alles zu regeln. Wir glauben, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst in der Lage sind, ihre Belange zu regeln und der Staat allenfalls helfen kann. Das ist ein sehr unterschiedliches Menschenbild und Grundverständnis von Politik. Und ich finde übrigens, dass man sich vorbehaltlos zu unserem Land bekennen und stolz darauf sein kann, was hier gemeinsam geleistet wird – das ist auch eine konservative Haltung.
BamS: Kann es sein, dass Sie in Wahrheit das konservative Element aus der CDU verbannt haben, weil es ohne viel bessere Wahlergebnisse gibt?
Tauber: Das glaube ich gerade nicht. Die Union lebt davon, dass Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen mit unterschiedlichen politischen Zielsetzungen zusammenkommen, um gemeinsam Politik für unser Land zu machen. Das ist ein starkes Bindeglied.
BamS: Sie sind jetzt als CDU-Generalsekretär seit 100 Tagen im Amt. Ihr erster großer Test wird die Europawahl in diesem Frühjahr sein. Ist Ihr Ziel die Wiederholung des Bundestagsergebnisses vom September 2013?
Tauber: Mein Ziel ist, dass die Union bei der Europawahl mit Abstand die stärkste politische Kraft wird. Diesmal wird es besonders spannend, weil es keine Sperrklausel mehr gibt. Damit entfällt der Effekt, dass die Stimme bei einer Splitterpartei verloren ist. Niemand glaubt aber ernsthaft, dass solche Parteien die Interessen Deutschlands in Europa wirklich wahrnehmen können. Dafür braucht es eine starke CDU.
BamS: Wie ernst nehmen Sie die europakritische AfD als Sammelbecken der von Europa Enttäuschten?
Tauber: Wir nehmen grundsätzlich jeden ernst, mit dem wir um die Zustimmung bei den Wählern ringen. Die AfD erinnert mich – gerade nach den Chaostagen bei ihrem Parteitag – stark an die Piraten. Aber die Piraten hatten mit der Digitalisierung wenigstens ein Zukunftsthema. Das haben mittlerweile alle Parteien übernommen. Die AfD schaut zurück, sie hat keine Antworten für Morgen.
BamS: Auf dem Berliner Parteitag am nächsten Samstag stellen Sie sich zur Wahl. Ab welchem Ergebnis sind Sie unglücklich?
Tauber: Unglücklich wäre ich, wenn ich nicht gewählt würde.
BamS: Und wie glücklich sind sie mit Ihrem Koalitionspartner, der SPD?
Tauber: Ich fand die christlich-liberale Koalition gut, daraus mache ich kein Geheimnis. Wir haben gut gearbeitet. Das hätte man auch fortsetzen können, wenn es die FDP in den Bundestag geschafft hätte. Aber die Deutschen haben gewählt, wie sie gewählt haben – und wir stellen uns der Verantwortung. Am Ende zählt für die CDU, was gut ist für das Land.
BamS: Sind Sie traurig, dass Schwarz-Grün nach der Bundestagswahl nicht geklappt hat?
Tauber: Das ist nicht an uns gescheitert.
BamS: Die Grünen fordern aktuell die Null-Promille-Grenze für Alkohol am Steuer...
Tauber: Ich dachte, die Grünen hätten aus ihrem schlechten Wahlergebnis gelernt: Die Bürger wollen nicht bevormundet werden. Sie brauchen keine grüne Gouvernante. Ich erinnere hier nur an den Veggie-Day. Die Bundes-Grünen können da etwas von manchen ihrer Landesverbände lernen.
BamS: Geben Sie der FDP noch eine Überlebenschance?
Tauber: Ich glaube, dass es weiter eine liberale politische Kraft braucht. Da uns die Grünen mit ihrer jüngsten Forderung zeigen, dass sie das nicht sein können, kann das eine Chance für die FDP sein – sie muss sie aber auch nutzen.
BamS: Was hat Sie in diesen ersten 100 Tagen im Amt am meisten überrascht?
Tauber: Wie offen und freundlich ich von den Parteimitgliedern in ganz Deutschland aufgenommen werde – gerade auch von den alten Hasen. Auch die fragen mich, wie sie mich unterstützen können. Ein tolles Gefühl.
BamS: Und was hat Sie am meisten geärgert?
Tauber: Besonders der Umgang mit der Edathy-Affäre. Zu schnell wurde über Edathys Befindlichkeiten geredet und spekuliert, wo er steckt. Viel zu wenig haben viele über das eigentliche Problem geredet: Jeden Tag werden in Deutschland 550 Kinder missbraucht. Jeden Tag! Für mich ist die drängende Frage nicht, wie es Herrn Edathy geht, sondern was wir tun, um den Missbrauch dieser Kinder zu verhindern.
BamS: Gerade hat der CDU-Wirtschaftsrat die geplante gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte großer Unternehmen kritisiert. Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, sagt, dadurch könnten Führungsorgane blockiert werden. Stimmen Sie ihm zu?
Tauber: Das sehe ich nicht so. Wir wollen, dass junge, hochqualifizierte Frauen Karriere und Familie vereinbaren können. Die Quote alleine ist da sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Die Unternehmenskultur muss sich auch ändern. Wer in der Wirtschaft keine Quote will, der muss selbst den Nachweis erbringen, dass sie nicht nötig ist.
BamS: Eine bessere Kinderbetreuung in Unternehmen könnte da beispielsweise helfen.
Was sagt eigentlich Ihre Freundin zur Frauenquote?
Tauber: Ich diskutiere politische Fragen selten in meiner Familie.
BamS: Sie haben eine feste Freundin, sind aber nicht verheiratet. Was macht Ihre Freundin?
Tauber: Haben Sie Verständnis: Mein Privatleben soll privat bleiben.
BamS: Mit 40 wird es aber langsam Zeit für Ehe und Familie, oder?
Tauber: Alles zu seiner Zeit. Natürlich hätte ich gerne irgendwann Kinder – und dann mehrere. Ich bin mit zwei Geschwistern groß geworden, das war toll.
BamS: Können Sie eine Waschmaschine bedienen?
Tauber: Klar. Ich wasche und bügle, seit ich von zuhause ausgezogen bin. Wenn ich spätabends in meine Wohnung komme, bleibt mir manchmal nichts anderes übrig, als die Waschmaschine auch noch um 22 Uhr anzustellen – zum Leidwesen meiner Nachbarn.
BamS: Können Sie auch kochen?
Tauber: Ich kann zumindest so kochen, dass Freunde nach einem von mir gekochten Essen die nächste Einladung nicht ausgeschlagen haben.
BamS: Wie Kanzleramtsminister Peter Altmaier?
Tauber: Nein, so gut wie Peter Altmaier koche ich sicher nicht! Wir haben aber schon Rezepte getauscht.
BamS: Als Jugendlicher haben Sie mal in der Punkband "Papst hört Punk" Gitarre gespielt. Spielen Sie noch?
Tauber: Ich habe in der Tat mal in besagter Kapelle gespielt. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Die Gitarre steht hier noch in meinem Arbeitszimmer. Aber sonderlich erfolgreich war das nicht, deshalb habe ich irgendwann damit aufgehört.
BamS: Mitglied einer Punkband und gleichzeitig in der Jungen Union?
Tauber: Da sind wir wieder bei den Schubladen, die alle immer so mögen. Warum sollten sich Punkmusik und Junge Union ausschließen? Und mal ehrlich: Mit einem Arafat-Schal sind damals doch alle rumgelaufen. Das war weder punkig noch besonders mutig. Ich war nun mal in der Jungen Union. Und ich war der Meinung: Politik braucht mehr Punk!
BamS: Wie haben denn die anderen Bandmitglieder darauf reagiert?
Tauber: Die wussten das natürlich. Und es war nie ein Problem.
BamS: Es heißt, für Ihre erste Gitarre mussten Sie im Zementwerk schuften...
Tauber: Nicht im Zementwerk, aber im Baumarkt in Gelnhausen. Zementsäcke schleppen war jetzt nicht unbedingt Rock'n'Roll, aber nun mal notwendig. Meine Mama mochte die Musik nicht, sie nannte es "Krach machen". Da habe ich mir die Gitarre und den Bass eben vom selbst verdienten Geld gekauft.
BamS: Ihre Schwester ist Profi-Musikerin und sie hat mal in einem Interview gesagt, dass sie ganz froh ist, dass Sie jetzt was anderes machen...
Tauber: Das hat sie gesagt? Ist ja unerhört!
BamS: Und am Freitag, beim Delegiertenabend vor dem Parteitag, spielen Sie da Ihren Delegierten was vor?
Tauber: Wer weiß? Ich bin immer für eine Überraschung gut.
BamS: Sie könnten doch noch mal "Nazischnitzel, Rübe ab" singen. Den bekanntesten Song Ihrer Band damals. Können Sie den Text noch?
Tauber: Den bekomme ich wohl nicht mehr zusammen. Aber es war ein Lied, das sich gegen Nazis gerichtet hat. Anfang der Neunziger, als es eine starke Neonazi-Welle gab, wollten wir nicht, dass junge Leute den braunen Rattenfängern auf den Leim gehen.