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Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der Neuen Osnabrücker Zeitung
Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit:
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (heutige Ausgabe) folgendes Interview. Die Fragen stellte Beate Tenfelde.
NOZ: Herr Tauber, nach den Plänen von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sollen schon 18-Jährige Mindestlohn bekommen. Was halten Sie davon?
Tauber: Es ist wichtig, keine falschen Anreize zu setzen. Ich sehe aber diese Gefahr, wenn der Mindestlohn höher ist als das Azubi-Gehalt. Für manchen Jüngeren ohne Berufsausbildung könnte da der schnelle Euro in einem Aushilfsjob verlockender sein als eine solide Ausbildung. Deshalb sollten wir bei der Gesetzgebung im Bundestag noch einmal in Ruhe darüber diskutieren, ob der Mindestlohn nicht doch eher ab 23 Jahren greifen sollte.
NOZ: Neues Thema: Als Folge der Edathy-Affäre wird über verschärfte Ächtung von Kinderpornografie diskutiert. Wie soll das aussehen?
Tauber: Zunächst: Ich finde die Selbstbespiegelung von Sebastian Edathy grenzwertig und sein Gerede von Kunst nicht überzeugend. Entscheidend ist aber, dass wir das eigentliche Problem angehen: Jeden Tag werden in Deutschland 550 Kinder missbraucht – auf unterschiedlichste Weise. Wir müssen alles tun, dass es erst gar nicht zu solchen Übergriffen kommt. Dafür brauchen wir ein Bündel von Maßnahmen. Dazu gehört, dass wir jeglichen Handel und Tausch pornographischer Bilder von Kindern verbieten.
NOZ: Stichwort Pädophilie: Was muss geschehen?
Tauber: Pädophilie ist eine Krankheit. Bislang haben wir aber nicht genügend Therapieplätze. Hier müssen wir schleunigst nacharbeiten. Denn jeder durch Prävention verhinderte Missbrauch ist besser als die Bestrafung von Tätern nach einem Missbrauch.
NOZ: Wie gefährlich ist sexueller Missbrauch per Internet, das Cyber Grooming?
Tauber: Bei der sexuellen Kontaktanbahnung zu Kindern über das Internet, dem sogenannten Cyber Grooming, brauchen wir glasklare Rechtsnormen. Ein solcher Anbahnungsversuch kann nach bisheriger Gesetzgebung in den wenigsten Fällen geahndet werden. Er gilt als nicht strafbar. Diese Lücke müssen wir schließen. Es darf kein Unterschied sein, ob ein Kind auf dem Spielplatz angesprochen und sexuell genötigt wird oder im Internet. Das Thema Stalking kann hier ein Beispiel sein: Erst als die Verfolgung eines Menschen als Straftatbestand definiert wurde und nicht länger diffus als Nötigung galt, konnten sich Betroffene wehren.
NOZ: Zur Außenpolitik: Die Krimkrise hat eine neue Eiszeit heraufbeschworen zwischen Russland und dem Westen. Haben beide Seiten Fehler gemacht?
Tauber: Es ist völlig unstrittig, dass Russland das Völkerrecht bricht. Wir sollten jedoch im Blick behalten, dass die Ukraine eine Brücke zwischen Europa und Russland sein kann. Das wird aber nur gelingen, wenn Wladimir Putin nicht den Eindruck hat, dass eine Annäherung der Ukraine an den Westen zulasten Russlands geht. Vielleicht war sich der Westen zu wenig bewusst, dass Putin in überkommenen Machtkategorien denkt und handelt. Das könnte im Nachhinein als Versäumnis der westlichen Diplomatie gewertet werden.
NOZ: Sollte der Westen das Säbelrasseln im Fall Krim sein lassen und sich jetzt auf die Probleme in der Ukraine konzentrieren?
Tauber: Der Westen rasselt nicht mit dem Säbel, er reagiert angemessen. Auch nach der Krim-Annexion darf der Gesprächsfaden zu Russland nicht abreißen. Wir Deutschen haben in unserer Geschichte damit doch Erfahrung: Auch den Bau der Berliner Mauer mussten wir ertragen. Dennoch haben viele, gerade in der CDU, immer am Ziel der Deutschen Einheit festgehalten. Gleichzeitig gab es weiter Gespräche mit der DDR-Führung. Die Maxime muss also auch jetzt sein: Nie eine Tür schließen, aber unsere Haltung deutlich machen. Richtig ist auch: Wir müssen der Ukraine politisch und wirtschaftlich helfen, damit sie die demokratische Entwicklung schafft und ihre Brückenfunktion erfüllen kann.
NOZ: Ist die Gelassenheit russischer Wirtschaftsbosse nur gespielt? Der Chef des Erdölkonzerns Rosneft warnt vor verschärften westlichen Sanktionen.
Tauber: Die Verflechtungen sind beiderseitig. Russland hat viel Öl und Gas – ist aber auch darauf angewiesen, dass es gekauft wird. Experten haben versichert, zur Not könnte Europa seine Energieversorgung auch aus eigener Kraft sicherstellen. Man sieht ja bereits an den Börsenreaktionen, dass die russische Politik Russland schadet.
NOZ: Rheinmetall Defence stoppt nach Intervention des Wirtschaftsministers die Lieferung eines Gefechtsübungszentrums an Russlands Armee. Muss Schadenersatz kommen?
Tauber: Ich kann das rechtlich nicht beurteilen. Allerdings finde ich: Soziale Marktwirtschaft bedeutet, dass auch Unternehmen eine Verantwortung haben – gegenüber der Gesellschaft und gegenüber ihrem Land. Gerade in einem gemeinsamen Europa müssen wir auch die Ängste vor einer russischen Aggression, die es im Baltikum und in Polen gibt, in unsere Überlegungen einbeziehen. Da kann man sich durchaus die Frage stellen, ob man auf deutsche Rüstungsgeschäfte mit Russland nicht besser verzichten sollte.
NOZ: Zum Schluss: Bei der AfD peilt Parteichef Lucke eine Machtkonzentration auf seine Person an. Wie beurteilen Sie das?
Tauber: Wir nehmen alle Wettbewerber bei der Europawahl gleichermaßen ernst. Die AfD lässt gerade die Maske fallen: Parteichef Lucke will mit seinen Plänen die innerparteiliche Demokratie abschaffen. Das zeigt einmal mehr: Die AfD ist eine Partei, die nur zurückschaut und Antworten von gestern gibt. Dabei spielt sie mit den Ängsten von Menschen. Wir als CDU denken an das Morgen, damit es Deutschland auch dann noch gut geht.