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Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der Passauer Neuen Presse
Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit:
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der „Passauer Neue Presse“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Andreas Herholz.
Passauer Neue Presse: Sie hätten Deutschlands erster Internetminister werden können, jetzt sind Sie CDU-Generalsekretär und statt eines Ministeriums wird es nur einen Bundestagsausschuss geben. Sind Sie als Netzpolitiker nicht enttäuscht?
Tauber: Nein, denn die Netzpolitik spielt eine immer größere Rolle – in der CDU, im Bundestag und in der Bundesregierung. Das sieht man an vielen personellen Besetzungen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière treibt das Thema jetzt weiter voran. Und auch das Wirtschafts- und das Verkehrsministerium werden sich dabei einbringen.
Passauer Neue Presse: Die Kanzlerin spricht von "Neuland" und nennt das Internet "eine Verheißung". Droht Deutschland die Chancen des Netzes zu verschlafen?
Tauber: Ich finde den Begriff „Neuland“ richtig. Denn wir sind da gerade erst am Anfang und lange nicht am Ende einer Entwicklung der digitalen Welt. Es ist ein revolutionärer Prozess, der unser Leben grundlegend verändern wird und dessen gesellschaftliche Auswirkungen wir noch gar nicht voll durchschauen. Gerade deshalb sollten die digitale Welt und die neuen Medien beispielsweise noch stärker Bestandteil der Lehrpläne werden, damit junge Menschen von Anfang an damit umgehen können.
Passauer Neue Presse: Die NSA-Ausspähaffäre macht deutlich, dass das Internet nicht nur Segen, sondern auch Fluch sein kann. Washington denkt offenbar nicht daran, ein Anti-Spionage-Abkommen mit Berlin abzuschließen. Welche Konsequenzen müssen jetzt gezogen werden?
Tauber: Die Bundeskanzlerin hat hier deutliche Worte gefunden und klar gestellt, dass immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss. Unter Verbündeten darf es eine derartige Praxis nicht geben. Das wird Angela Merkel sicher auch gegenüber dem amerikanischen Außenminister bei seinem Besuch in Berlin deutlich machen. Bei den weiteren Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA muss auch der Datenschutz klar geregelt werden. In Deutschland muss deutsches Recht gelten. Es ist gut, dass es einen Untersuchungsausschuss des Bundestages geben wird, in dem offene Fragen geklärt werden können.
Passauer Neue Presse: SPD-Chef Sigmar Gabriel gilt bereits als Schattenkanzler. Die zentralen Regierungsprojekte wie Energiewende und Rente werden von SPD-Ministern auf den Weg gebracht. Gerät die Union in der Großen Koalition ins Hintertreffen?
Tauber: Diese Sorge habe ich nicht. Wir setzen gemeinsam um, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Mal hat ein SPD-Minister die Federführung, mal einer der Union. Die Wählerinnen und Wähler bewerten den Gesamterfolg der Koalition. Und wir als CDU haben unsere zentralen Wahlversprechen umgesetzt: Es wird keine Steuererhöhungen und keine zusätzlichen Schulden geben.
Passauer Neue Presse: Bundesjustizminister Heiko Maas von der SPD will einen Gesetzentwurf zur Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften vorlegen. Wie weit geht die Union an dieser Stelle mit?
Tauber: Die Große Koalition hat sich darauf verständigt, die Rahmenbedingungen für die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften weiter zu verbessern. Wir werden umsetzen, was das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat. Weiteren Handlungsbedarf – beispielsweise beim Adoptionsrecht – sieht die Union derzeit nicht.
Passauer Neue Presse: Thema Zuwanderung: Weshalb sträubt sich die Union weiter gegen die generelle doppelte Staatsbürgerschaft?
Tauber: Unser Ziel war es, dass sich Zuwanderer klar zu unserem Land als ihre neue Heimat bekennen, dass sie sich bewusst für die deutsche Staatsbürgerschaft entscheiden. Das ist aber vielfach nicht passiert. Deshalb müssen wir über neue Mittel und Wege nachdenken, um die Integration zu verbessern. Denn wir brauchen mehr qualifizierte Zuwanderer. Dafür müssen wir positive Signale senden.
Passauer Neue Presse: Die CSU warnt vor Armutszuwanderung und fordert: "Wer betrügt, der fliegt!" Ist das das richtige Signal an Zuwanderer?
Tauber: Das ist nicht meine Wortwahl. Aber inhaltlich hat die CSU nur das gesagt, was im Koalitionsvertrag steht. Zuwanderer, die nach Deutschland kommen und sich hier etwas aufbauen wollen, sind uns herzlich willkommen. Angesichts des Fachkräftemangels brauchen wir auch mehr davon. Klar ist aber auch: Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme löst keine Probleme, sie verschärft sie. Dieses Problem treibt viele Menschen um, und darüber muss man offen reden.
Passauer Neue Presse: Die Zeit der Lagerwahlkämpfe scheint spätestens mit den Sondierungen und Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2013 endgültig vorbei zu sein. Ist Hessen bereits der Modellversuch für Schwarz-Grün auch auf Bundesebene?
Tauber: Die Freunde in Hessen sehen sich nicht als Modellversuch. Denen ging es um eine stabile Regierung für die nächsten fünf Jahre – und dafür ist Schwarz-Grün die beste Lösung. Aber natürlich schauen jetzt alle neugierig darauf. Wenn Schwarz-Grün in Hessen bis 2017 erfolgreich arbeitet, wird es selbstverständlich auch eine Option für den Bund sein.
Passauer Neue Presse: Das Rentenpaket wird zur milliardenschweren Hypothek für die Jüngeren. Auch der frühere Bundeskanzler und SPD-Chef Gerhard Schröder warnt vor hohen finanziellen Belastungen und einem falschen Signal. Warum machen sie Politik zu Lasten der kommenden Generationen?
Tauber: Gerhard Schröder hat 1998 alles dafür getan, die Einführung des demographischen Faktors in der Rente zu verhindern. Es hat lange gedauert, bis er dazu gelernt hat. Ich sage ganz klar: Meine Mutter mit drei Kindern hat die Mütterrente verdient wie alle anderen Mütter auch. Und es gibt auch keine Abkehr von der Rente mit 67. Die Rente mit 63 ist nur eine Übergangsregelung. Wir werden bei der Ausgestaltung des Gesetzes genau darauf achten, dass es keine Frühverrentungswelle geben wird. Am Ende gibt es die Rente mit 67, und wer 45 Beitragsjahre hat kann bereits mit 65 Jahren in Rente gehen. Das ist übrigens schon heute so.
Passauer Neue Presse: Milliarden für die Rente, aber keine Millionen fürs Kindergeld. Ist das die schwarz-rote Generationengerechtigkeit?
Tauber: Wir geben Milliarden für die Rente aus, wir investieren aber auch Milliarden für die jüngeren Generationen. Das reicht von Investitionen in die Infrastruktur bis zu höheren Ausgaben für Bildung und Forschung. Wir sollten jetzt nicht Jung und Alt gegeneinander ausspielen. Eine Erhöhung des Kindergeldes steht unter Finanzierungsvorbehalt. Das zentrale Wahlversprechen der Union lautete: Keine zusätzlichen Schulden, keine Steuererhöhungen. Dem wird alles andere untergeordnet. Denn auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen.
Passauer Neue Presse: SPD-Chef Gabriel war mit dem Mitgliederentscheid über die Große Koalition sehr erfolgreich. Wären Mitgliederentscheide auch ein Modell für die CDU?
Tauber: Natürlich denken auch wir darüber nach, wie wir die Mitgliedschaft in der CDU attraktiver machen können. Ich bin aber skeptisch, ob dafür solche singulären Möglichkeiten wie die Abstimmung über einen Koalitionsvertrag reichen. Wir werden nach Wegen suchen, wie wir mit unseren Mitgliedern einen noch intensiveren inhaltlichen Austausch erreichen können. Das Internet bietet hier viele Möglichkeiten. Die werden wir künftig effektiver nutzen.
Passauer Neue Presse: Morgens gemeinsam am Kabinettstisch, abends gegeneinander bei den Wahlkampfkundgebungen - wie will sich die CDU im Europawahlkampf vom Koalitionspartner SPD absetzen?
Tauber: Der Europawahlkampf der SPD ist offensichtlich ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Martin Schulz. Die Deutschen stimmen aber nicht über seine Karrierepläne ab. Es geht darum, wer unserer Interessen am besten in Brüssel und Straßburg vertritt – und darum, ob Angela Merkels erfolgreiche Politik zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise bestätigt wird.
Passauer Neue Presse: Der Bundestag wird über das Thema Sterbehilfe beraten. Für welchen Weg plädieren Sie?
Tauber: Wir sollten uns Zeit nehmen für diese Diskussion. Wenn es um das Ende des eigenen Lebens geht, hat jeder andere Vorstellungen und Wünsche. Dabei sollte es keinen Fraktionszwang, sondern verschiedene Gruppenanträge geben. Und darüber muss gründlich beraten werden. Das wird erst in der zweiten Jahreshälfte beginnen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die falschen Signale setzen, was den Wert des Lebens angeht. Ich möchte keine aktive Sterbehilfe, die gewerblich oder geschäftsmäßig organisiert wird. Es darf keine Ökonomisierung des Sterbens geben. Der Tod der Oma darf sich auch nicht nach der eigenen Urlaubsplanung richten. Solche Einzelfälle, die es in anderen Ländern mit liberalerer Handhabung gegeben hat, sind belegt. Und das möchte ich hierzulande nicht. Klar muss aber auch sein: Wir lassen niemanden allein. Wir müssen mehr dafür tun, dass ein schmerzfreier Tod in Würde möglich ist – beispielsweise durch Palliativmedizin und Hospizbewegung.