Erste Videokonferenz CDU Live im neuen Jahr: In Berlin hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Herbert Reul mit CDU-Mitgliedern über die Zukunft der Europäischen Union, die Flüchligskrise und und den Brexit diskutiert.

Rosinenpickerei wird es für die Briten nicht geben

Beim Austritt der Briten aus der Europäischen Union machte Reul klar, dass es keine Rosinenpickerei für Großbritannien geben werde. Zwar müssten die europäischen Mitgliedstaaten weiterhin in enger Kooperation mit Großbritannien zusammenarbeiten. Es sei aber undenkbar, allein die Vorteile der Europäischen Union zu genießen, ohne die Kosten zu tragen.

„Die EU muss positiver vermittelt werden“

Der Brexit habe gezeigt, dass nationale Medien, Parteien und Politiker ihre Bevölkerung zu wenig über die positiven Erfolge der EU informieren. Reul äußerte sich aber auch selbstkritisch. „Die kritische Stimmung gegenüber der EU müssen wir ernst zu nehmen“, betonte er. Wichtig sei es daher vor allem, dass sich die EU durch Problemlösung beweise. Die EU müsse sich um eine pragmatische und realistische Erzählung der Vor- sowie Nachteile bemühen. Gute Ergebnisse, wie das Erasmus-Programm oder der Wegfall der Roaming-Gebühren, seien Belege für die positive Arbeit der EU. Dies sei nur möglich, wenn nationale Egoismen zurückgestellt und die Mitgliedsstaaten künftig wieder stärker zusammengearbeitet werde. „Europa ist eine riesige Chance, um Probleme zu lösen“, betonte Reul. Auch die Zuschauer teilten diese Meinung: Auf die Frage, ob Deutschland mehr Vor- oder mehr Nachteile durch die EU habe, antworteten 77 Prozent mit „deutlich mehr Vorteile“ und 12 Prozent sogar mit „ausschließlich Vorteile“. Auch die Flüchtlingskrise habe gezeigt, dass die EU in der Lage sei, schwierige Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Die Außengrenzen seien besser geschützt und das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei wirke. 

Freihandel ist ein Beispiel für die Stärke des Europäischen Parlaments

47 Prozent der Zuschauer waren der Meinung, dass das Europäische Parlament nicht stark genug sei, um die demokratisch gewählte Vertretung der EU-Bürger zu sein. Die Kritik an der vermeintlichen Bedeutungslosigkeit des EPs konnte Reul nicht nachvollziehen. Das EP habe über die Jahre einen deutlichen Kompetenzzuwachs erfahren. Abgesehen von einem fehlenden Initiativrecht verfüge das EP über genügend Macht. Reul sagte dazu: „Ohne das Europäische Parlament geht nichts“. Gerade die Freihandelsabkommen CETA und TTIP und die Debatte um die Schiedsgerichte seien Belege für die Stärke des EPs. Auf Druck des EPs wurde während der Verhandlungen um CETA ein neues Verfahren entwickelt. Am Ende wurde die Rolle der Schiedsgerichte gänzlich neu definiert. Gleiches versuche man nun für TTIP zu realisieren. Ungeachtet aller Kritik sei aber auch klar, dass Freihandel elementar für den wirtschaftlichen Wohlstand in Deutschland und Europa sei. Freihandel, das betonte Reul, sei im Interesse der USA – und ebenso in europäischen.

Abschaffung der Zeitumstellung

Auch wenn es in Europa aktuell größere Probleme gebe, beschäftige die Zeitumstellung besonders die Menschen, die gesundheitlich darunter litten, stellte Reul fest. Auch der CDU-Parteitag hat sich für die Abschaffung der Zeitumstellung ausgesprochen. Nach seinen Worten fehle es jedoch bislang an der Kraft, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Die EU und der Deutsche Bundestag würden sich den Schwarzen Peter gegenseitig zuschieben.

Nico Kraft