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Von der Leyen: Den Wandel in Europa gestalten
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer ersten Rede zur Lage der EU vorgeschlagen, die Treibhausgasemissionen der Europäischen Union bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken, verglichen mit dem Referenzjahr 1990. Das aktuell vereinbarte Ziel sieht bisher eine Senkung um 40 Prozent vor.
Die Anpassung auf „mindestens 55 Prozent“ soll helfen, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen und die gefährliche Überhitzung der Erde zu stoppen. Dieser Vorschlag der Kommissionspräsidentin wird in den nächsten Wochen noch mit dem EU-Parlament und den EU-Staaten diskutiert werden.
Diesem neuen Ziel müssen große Anstrengungen im Klimaschutzfolgen. Geschafft wurden in den 29 Jahren von 1990 bis 2019 nach Angaben der EU-Kommission rund 25 Prozent Minderung. Für das neue Ziel bleiben weniger als zehn Jahre. „Der europäische Green Deal ist unsere Blaupause für diese Veränderung“, betonte von der Leyen. Für die nötigen Investitionen solle das Corona-Wiederaufbauprogramm (Next Generation EU) in Höhe von 750 Milliarden Euro genutzt werden. 30 Prozent dieser Summe, die die EU über gemeinsame Schulden finanzieren will, sollen aus „grünen Anleihen“ beschafft werden, kündigte die Kommissionschefin an.
Andreas Jung, stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender, erklärte dazu: „Eine Erhöhung des 2030-Ziels auf 55 Prozent ist ehrgeizig. Wir müssen das als Chance begreifen, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit zu versöhnen – in ganz Europa. Deshalb gilt: Alle Mitgliedsstaaten müssen ins Boot, wir schaffen das nur gemeinsam! Der Emissionshandel als marktwirtschaftliches Instrument muss gestärkt und ausgeweitet werden. Und innovative Klimatechnologien müssen massiv gefördert werden. Ein wichtiger Baustein dabei ist eine konsequente europäische Wasserstoff-Strategie.“
Europäische Gesundheitspolitik
Mit Blick auf die Corona-Krise hat von der Leyen mehr Macht und mehr Geld für die Europäische Union in Gesundheitsfragen gefordert. „Für mich liegt klar auf der Hand: Wir müssen eine stärkere Europäische Gesundheitsunion schaffen, es ist Zeit“, betonte sie. Konkret schlug die Kommissionschefin eine neue EU-Agentur für biomedizinische Forschung und Entwicklung vor. Zudem drängte sie das Europaparlament, mehr Mittel für das Gesundheitsprogramm „EU4Health“ auszuhandeln. Grundsätzlich müsse man über die Zuständigkeiten in Sachen Gesundheit sprechen. Das sei eine lohnende und dringende Aufgabe für die geplante Konferenz über die Zukunft Europas. Darüber hinaus sei dafür zu sorgen, dass die EU für künftige Krisen besser gewappnet sei und auf grenzübergreifende Gesundheitsgefahren reagieren könne. Von der Leyen würdigte erneut die Leistungen vor allem von Ärzten und Pflegern in der Corona-Krise und bekräftigte, dass Europa nach anfänglichem Egoismus den Wert der Gemeinsamkeiten wiederentdeckt habe.
„Europas digitales Jahrzehnt”
Ein weiterer Schwerpunkt der Rede: Digitalisierung. Von der Leyen hat „Europe’s Digitale Decade“ ausgerufen. Europa müsse Vorreiter werden bei der Datenwirtschaft, dem Einsatz neuer Technologien und flächendeckender Breitbandnetze werden. So werde Europa „mehr Kontrolle über seine Zukunft“ haben und könne sich aus Abhängigkeiten lösen.
Gemeinsame europäische Migrationspolitik
Weiter forderte die Kommissionspräsidentin, dass die Rettung von Flüchtlingen aus Seenot Teil der EU-Migrationspolitik sein muss. Nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria bekräftigte sie gleichzeitig den Plan, als Pilotprojekt auf der Insel Lesbos ein neues und von der EU mitverwaltetes Lager aufzubauen. Die Bilder des abgebrannten Flüchtlingslagers Moria seien „eine schmerzliche Erinnerung an die Notwendigkeit, dass Europa zusammenkommt“, sagte von der Leyen. Hier müsse jeder in Europa Verantwortung übernehmen. Länder, die mehr belastet seien, müssten auf die Solidarität der anderen EU-Mitglieder zählen können.
Die EU-Kommission will am kommenden Mittwoch einen „neuen Pakt zu Migration“ mit einem Vorschlag für die seit Jahren umstrittene EU-Asylreform vorlegen. Von der Leyen kündigte an, es werde „eine engere Verbindung zwischen Asyl und Rückführung“ geben. „Wir müssen eine klare Unterscheidung treffen zwischen denen, die ein Bleiberecht haben, und denen, die kein Bleiberecht haben“, sagte sie. Zudem gehe es darum, Menschenschmuggler stärker zu bekämpfen, den Schutz der Außengrenzen zu stärken und legale Wege nach Europa zu schaffen.
Brexit
Mit Blick auf den bevorstehenden Brexit zeigte sich die Kommissionschefin nur wenig optimistisch: Ein Handelsabkommen mit Großbritannien zum Ende der Brexit-Übergangsphase sei immer weniger wahrscheinlich. „Mit jedem Tag schwinden die Chancen, dass wir doch noch rechtzeitig ein Abkommen erzielen“, sagte sie. Die Gespräche seien nicht so weit wie erhofft und es bleibe nur noch sehr wenig Zeit.
Von der Leyen protestierte gegen Pläne des britischen Premierministers Boris Johnson, Teile des bereits gültigen Brexit-Abkommens mit einem neuen britischen „Binnenmarktgesetz“ auszuhebeln. Das Abkommen sei auch vom britischen Parlament ratifiziert. „Es kann nicht einseitig geändert oder missachtet oder ignoriert werden“, erklärte sie. „Es geht hier um Recht, um Vertrauen und um guten Glauben.“ Vertrauen sei das Fundament jeder starken Partnerschaft.
Kampf gegen Rassismus
Weiter kündigte von der Leyen an, einen EU-Beauftragten für den Kampf gegen Rassismus zu benennen. Damit solle das Thema „ganz oben auf unserer Agenda gehalten werden“. Brüssel werde gegen jegliche Art der Diskriminierung vorgehen, „egal ob wegen Rasse, Religion, Geschlecht oder Sexualität“. Die EU werde Mittel bereitstellen, um unter anderem Diskriminierung etwa am Arbeitsplatz, auf der Wohnungssuche oder im Gesundheitssystem anzugehen“, so von der Leyen weiter. Es gehe darum, Rassismus in allen Bereichen der Gesellschaft zu bekämpfen.