Tauber: Die Zukunft des Landes sichern
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der „Schwäbischen Zeitung“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Sabine Lennartz.
Schwäbische Zeitung: Kann das Thema Leitkultur wieder zu einem Wahlkampfhit der CDU werden?
Tauber: Es geht hier nicht um Wahlkampf. Wenn sich eine Gesellschaft verändert, braucht es etwas Verbindliches und Verbindendes. Und für uns Christdemokraten ist das die deutsche Leitkultur. Sie ist mehr als nur das Grundgesetz. Es sind die Werte, die das Zusammenleben in unserem Land ausmachen - beispielsweise dass wir eine Aufsteigergesellschaft sind, das sich Leistung lohnt, dass wir stolz auf Schwarz-Rot-Gold sind.
Frage: Bei der letzten Bundestagswahl hat die CDU mit einem Merkel-Porträt unter dem Motto "Sie kennen mich" geworben. Warum reicht das nicht mehr? Hat die Republik Merkel, wie sich in der Flüchtlingskrise zeigte, doch nicht so gut gekannt?
Tauber: Die Deutschen wissen sehr genau, was sie an dieser Bundeskanzlerin haben. Die Zustimmung, die Angela Merkel als Person genießt, ist höher als die Zustimmung zur Partei. Wenn alle, die heute sagen „Merkel macht einen guten Job und soll Kanzlerin bleiben", CDU wählen würden, dann würde der Wahlkampf sehr entspannt werden. Aber es geht nicht einfach um ein "Weiter so", das hat Angela Merkel auch immer klar gesagt. Deshalb werben wir mit einer starken Kanzlerin, einer sehr guten Bilanz und überzeugenden Angeboten, wie Deutschland in einer sich verändernden Welt stark und erfolgreich bleibt.
Frage: Ist das nicht ein Widerspruch? Einerseits wollen Sie mit Ruhe und Gelassenheit auf Martin Schulz (SPD) reagieren, andererseits reicht es nicht, „weiter so" zu sagen?
Tauber: Nein, in unserem Regierungsprogramm zeigen wir, welche Vorstellung wir von Deutschland 2025 haben. Wir wollen über Innovationen reden, über starke ländliche Räume, über die Entlastung kleiner Einkommen, über Wohneigentum für Familien, über Aufstiegschancen für alle Kinder. Das sind konkrete Projekte, die nach vorne schauen. Martin Schulz hat sich bislang an Entscheidungen von gestern abgearbeitet, Stichwort Agenda 2010. Wir reden von denen, die Kinder bekommen und die Zukunft des Landes sichern. Wie schaffen wir es, dass die, die hart arbeiten, mehr im Geldbeutel haben?
Frage: Wird über die nicht immer kurz vor Wahlen geredet?
Tauber: Einspruch! Wir haben bereits etwas gegen die kalte Progression getan, das Bafög deutlich erhöht, die Mütter in der Rente bessergestellt. Aber jetzt können wir aufgrund des wirtschaftlichen Erfolges und der soliden Finanzpolitik von Wolfgang Schäuble noch mehr tun. Wir haben uns Spielräume erarbeitet. Und jetzt sind die jungen Familien dran. Da werden wir Wort halten.
Frage: Wer sollte oder könnte dabei denn Ihr Partner sein?
Tauber: Das hängt davon ab, welche der anderen Parteien – also SPD, Grüne oder FDP – bereit ist, unsere Forderungen mit umzusetzen. Klassisch gibt es eine Nähe zur FDP, aber in Hessen und Baden-Württemberg läuft es mit den Grünen gut.
Frage: Haben Sie eigentlich gar keine Angst, sich am Ende doch in einer Koalition mit der SPD wiederzufinden?
Tauber: Da gilt mein Motto: Angst ist keine Weltanschauung. So wie sich die SPD derzeit verhält, täten ihr vier Jahre Opposition ganz gut. Ich finde es unerträglich, wie sie aktuell beim wirksamen Kampf gegen Einbruchskriminalität wieder auf der Bremse steht. Das ärgert die Leute – zu Recht.
Frage: Können Sie sich der FDP als Partner sicher sein, nachdem Martin Schulz sie auch umwirbt?
Tauber: Ich bin überzeugt: Viele FDP-Anhänger wollen keine Umverteilung à la SPD und keine Mehrbelastung der Wirtschaft. Und Kandidat Schulz verstellt damit doch nur den Blick, dass er in Wahrheit nur eine Option hat, Kanzler zu werden: Rot-Rot-Grün. Das ist also ein reines Ablenkungsmanöver.
Frage: Eine neue Rote-Socken-Kampagne streben Sie nicht an, aber Sie warnen vor Rot-Rot-Grün?
Tauber: Ja, zum Beispiel müssen wir erklären, dass man dann mit Außenministerin Sahra Wagenknecht aus der Nato aussteigt und mit Verkehrsminister Toni Hofreiter ein generelles Tempolimit oder ein Diesel-Verbot bekommt. Wer Schulz will, bekommt dies gratis obendrauf. Das will die Mehrheit aber nicht.
Frage: Sind die Mai-Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW Probeläufe für den Bund?
Tauber: Jede Wahl steht für sich. Unsere Leute vor Ort kämpfen hoch motiviert, klingeln an den Haustüren und werben für den notwendigen Wechsel in Kiel und Düsseldorf. Beide Länder werden deutlich unter Wert regiert – ob es um die Schulen, die Straßen oder die innere Sicherheit geht.
Frage: Horst Seehofer (CSU) will im Wahlkampf auf Sicherheit setzen. Nimmt er der CDU die Kernkompetenz ab?
Tauber: Nein, Bayern ist gut aufstellt, aber Hessen mit Innenminister Peter Beuth oder Baden-Württemberg mit Innenminister Thomas Strobl auch. Sicherheit ist kein CSU-Thema, sondern Kernkompetenz der Union. Und wir haben mit Thomas de Maizière einen sehr erfolgreichen Bundesinnenminister.
Frage: Herr Tauber, Sie mussten kürzlich ihre Teilentmachtung verkünden. Jetzt ist Peter Altmaier der General der CDU und Sie der Sekretär.
Tauber: Das wurde von Journalisten so interpretiert, aber das ist falsch. Alle wissen: Dieser Wahlkampf wird anders, es gibt mehr zu tun – und deshalb müssen die Aufgaben auf viele Schultern verteilt werden. Als Generalsekretär habe ich eine dienende Funktion für ein übergeordnetes Ziel: dass die Union am 24. September klar gewinnt und Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Und dafür tue ich das, was notwendig ist.