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Interview von Hermann Gröhe in der Neuen Westfälischen
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gab der „Neuen Westfälischen“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Alexandra Jacobson.
Neue Westfälische: Herr Gröhe, die Grünen wollen der CDU die Wähler wegschnappen. Macht Sie das nervös?
Hermann Gröhe: Die Grünen haben auf ihrem Parteitag gezeigt, dass sie sich – ebenso wie die SPD – für einen deutlichen Linksruck entschieden haben. Für Claudia Roth gab es zu süße Bonbons, für den Mittelstand dagegen bittere Pillen. Das grüne Steuererhöhungsprogramm würde unsere gute wirtschaftliche Entwicklung brutal abwürgen. Das ist das Gegenteil von bürgerlicher Politik. Für das Programm der Grünen hat vielmehr Lafontaine das Copyright.
Neue Westfälische: Aber in Baden-Württemberg sind die Grünen stark in ihr Wählerreservoir eingebrochen.
Gröhe: In Stuttgart regiert ein bürgerlich anmutender Winfried Kretschmann – und macht eine falsche Schul-, Verkehrs- und Finanzpolitik. Und im Bund gibt Jürgen Trittin die Linie vor. Dieser kämpft gemeinsam mit der SPD für eine stärkere Belastung unserer kleineren und mittleren Unternehmen. Die einstigen Agenda 2010-Befürworter Steinbrück und Göring-Eckardt betreiben heute deren Rückabwicklung. Koalitionsspekulationen verbieten sich damit von selbst.
Neue Westfälische: Aber der Union kommt doch der aktuelle Koalitionspartner FDP abhanden. Im Bund und auch in Niedersachsen liegt die FDP unter fünf Prozent. Ist die Option Schwarz-Gelb Geschichte?
Gröhe: Ich bin zuversichtlich, dass die FDP den Sprung in den niedersächsischen Landtag ebenso wie in den Bundestag schaffen wird. Es ist völlig falsch, bereits den Abgesang auf die FDP anzustimmen. Ja, wir haben uns manch unnützen Streit in der Vergangenheit geliefert, aber diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Union und FDP haben in Niedersachsen wie im Bund gemeinsam viel erreicht. Diesen Weg wollen wir mit vereinten Kräften fortsetzen. Mit harter Arbeit für dieses Land bekommt jede Partei immer noch die größte Zustimmung.
Neue Westfälische: Die SPD will morgen auf einem kleinen Parteitag ihr Rentenkonzept verabschieden. An die Rente mit 67 werden Bedingungen gestellt und das Rentenniveau soll möglichst nicht weiter sinken. Was halten Sie davon?
Gröhe: Das ist ein absolut unwürdiger Eiertanz der SPD. Die Sozialdemokraten streuen den Bürgern ganz bewusst Sand in die Augen. Wir haben damals in der Großen Koalition die Rente mit 67 beschlossen, um auch bei ansteigender Lebenserwartung sichere Renten und vertretbare Beiträge gewährleisten zu können. Davon will die SPD heute nichts mehr wissen, lieber verschiebt sie wichtige Entscheidungen auf den Sankt Nimmerleinstag. Dazu kommen weitere Vorschläge, die die Beitragszahler mit Milliardenbeträgen belasten würden. Das ist selbst für eine Oppositionspartei starker Tobak.
Neue Westfälische: Das Thema Altersarmut hat die CDU-Ministerin Ursula von der Leyen aufgebracht.
Gröhe: Die Arbeitsministerin setzt sich zu Recht dafür ein, dauerhaft Altersarmut zu vermeiden. Es ist umso unverantwortlicher, dass sich die SPD jeglichen Gesprächen hierüber verweigert. Wir haben damals gemeinsam mit Franz Müntefering wichtige und mutige Schritte zur langfristigen Sicherung der Rente unternommen. Heute konkurriert der SPD-Vorsitzende Gabriel mit der Linkspartei um die populistischsten Forderungen und legt bei der Rente den Rückwärtsgang ein.
Neue Westfälische: Nun versetzt Ihr Modell der Lebensleistungsrente mit zehn Euro über der Grundsicherung kaum jemanden in Begeisterung.
Gröhe: Zuerst einmal: Die Grundsicherung wurde einst von SPD und Grünen eingeführt, der heutige rot-grüne Klagegesang gegen deren Höhe ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Wir wollen nun dafür sorgen, dass künftig niemand mehr, der jahrzehntelang hart gearbeitet und vorgesorgt hat, als Rentner zum Sozialamt gehen oder für den Erhalt der Grundsicherung auf eine größere Wohnung oder das Auto verzichten muss. Die Einzelheiten werden derzeit innerhalb der Koalition geklärt. Zudem wäre es für die Verlässlichkeit des Rentensystems gut, wenn es auch für weitere Reformschritte einen möglichst breiten Konsens gibt.
Neue Westfälische: Meinen Sie im Ernst, dass in Wahlkampfzeiten gemeinsame Lösungen mit der SPD außerhalb der Eurorettung möglich sind?
Gröhe: Ich halte nichts davon, monatelang Wahlkampf zu machen. Dafür gibt es noch zu viel zu tun! Es ist unverantwortlich, wie die SPD im Bundesrat bei wichtigen Themen blockiert. Sei es bei der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung oder bei der kalten Progression. Damit schadet die SPD nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, die einen Anspruch auf eine steuerliche Entlastung haben. Dank ihrer Totalverweigerung zum Schweizer Steuerabkommen fehlen auch den Bundesländern – nicht zuletzt NRW – Milliarden, die sie gut beispielsweise für den Ausbau von Kita-Plätzen gebrauchen könnten.
Neue Westfälische: Auf dem CDU-Parteitag wollen die Frauen einen erneuten Vorstoß unternehmen, damit ältere Mütter bei der Rente besser gestellt werden. Wie steht es damit?
Gröhe: Ich habe durchaus Verständnis für das Anliegen der Frauen. Wir haben uns ja auch in der Koalition verständigt, zu prüfen, inwiefern wir bei Müttern mit mehreren Kindern Verbesserungen vornehmen können. Wer aber eine umfassende Verbesserung für alle fordert, verkennt unsere Finanzlage. Nicht alles, was wünschenswert ist, ist machbar. Solide Finanzen bleiben unser Markenzeichen.