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Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der "Bild am Sonntag"
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der "Bild am Sonntag" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Miriam Hollstein.
BamS: Bekommt man als Spitzenpolitiker überhaupt noch etwas vom normalen Leben mit, Herr Tauber?
Tauber: Na klar! Mein Wahlkreis ist ja vor allem meine Heimat. Ich versuche, jedes Wochenende herzukommen. Beim Einkaufen oder wenn ich unterwegs bin, werde ich oft angesprochen und bekomme unverblümt die Meinung gesagt. Auch meine Freunde, die alle beruflich nichts mit Politik zu tun haben, sagen mir sehr deutlich, wie sie finden, was in Berlin geschieht.
BamS: Und wie finden sie das?
Tauber: Viele große Streitfragen, zum Beispiel bei der Flüchtlingspolitik, bewegen meine Freunde hier auch. Da muss ich manches erklären. Aber einige Berliner Debatten lösen hier nur Kopfschütteln aus. Politik und Medien neigen dazu, das, was in Berlin passiert, als Synonym für die gesamte Republik zu nehmen. Und es gibt die Gefahr, sich darin zu verlieren. Aber das normale Deutschland ist ganz anders als Berlin.
BamS: Ein Beispiel?
Tauber: Wenn die Menschen hier in Gelnhausen hören, dass der neue rot-rot-grüne Senat in Berlin über die Kastrationspflicht von Katzen und Unisex-Toiletten diskutiert, sagen die: "Geht’s noch?" Hier geht es um schnelles Internet, sichere Arbeitsplätze, gute Ärzteversorgung und sich verändernde Lebensumstände.
BamS: Als Generalsekretär und direkt gewählter Bundestagsabgeordneter leben Sie in beiden Welten. Für welche würden Sie sich entscheiden, wenn Sie müssten?
Tauber: Ganz klar: Für Gelnhausen.
BamS: Der Terroranschlag in Berlin kurz vor Weihnachten hat die gesamte Republik erschüttert. Der Täter war ein Asylbewerber wie auch schon die Attentäter von Ansbach und Würzburg. Hat die Regierung die Gefahr unterschätzt?
Tauber: Nein. Wir haben von Anfang an gesagt, dass unter den vielen Flüchtlingen nicht nur gute Menschen sein werden. Aber man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln: Wir haben in Europa nicht Terror wegen der Flüchtlinge, sondern Flüchtlinge wegen des Terrors.
BamS: Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht hat Merkels Flüchtlings- und Sicherheitspolitik mitverantwortlich für den Berliner Anschlag gemacht.
Tauber: Damit wird wieder mal deutlich, dass die Linkspartei eine rote AfD ist. Sahra Wagenknecht und Frauke Petry sind das doppelte Lottchen des Populismus in Deutschland. Deshalb schließt die CDU auch mit beiden Parteien eine Zusammenarbeit aus. So eine klare Abgrenzung nach beiden Seiten erwarte ich auch von SPD und Grünen.
BamS: War es richtig, dass die Kölner Polizei von "Nafris" sprach? Tauber: Was wäre passert, wenn sich an Silvester in Köln wiederholt hätte, was dort ein Jahr zuvor geschah? Das wäre völlig inakzeptabel gewesen. Offenbar gab es ja Bestrebungen, das zu wiederholen. Das hat die Kölner Polizei verhindert, und sie hat die Übeltäter klar benannt. Ich finde, sie hat das richtig gemacht.
BamS: Warum kommen erst jetzt Vorschläge von Thomas de Maizière, eine neue Sicherheitsarchitektur zu schaffen?
Tauber: Die CDU hat schon 2014 ein umfangreiches Paket zur inneren Sicherheit beschlossen. Aber das ist immer wieder von der SPD ausgebremst worden. Es ist oft anstrengend in der Großen Koalition, weil Sigmar morgens nicht weiß, was Gabriel abends möchte.
BamS: Die Vorschläge von de Maizière sind unter anderem von CDU-Innenministern kritisiert worden. Wer hat Recht?
Tauber: Die Menschen wollen Sicherheit. Es ist ihnen egal, ob dafür der Bund oder die Länder zuständig sind. Die Vorschläge von Thomas de Maizière, etwa die Bundespolizei überall einsetzen zu können, halte ich für richtig und sinnvoll. Das gilt auch für einen verbesserten Datenaustausch. Und darüber werden Bund und Länder reden.
BamS: Was ist mit Bundesausreisezentren?
Tauber: Ich finde es schwierig, wenn sich manche Länder einerseits beklagen, dass sie nicht genügend Kapazitäten für Abschiebungen haben, andererseits aber eine stärkere Mitwirkung des Bundes ablehnen. Abschiebestopps wie bei Rot-Rot-Grün in Berlin sind ohnehin inakzeptabel.
BamS: Die hessische Justizministerin hat zudem Fußfesseln für Gefährder vorgeschlagen.
Tauber: Da es unter den Gefährdern auch Deutsche gibt, die wir gar nicht abschieben können, ist das ein sinnvoller Vorschlag. Es verbessert die Kontrolle und entlastet die Sicherheitskräfte. Außerdem wäre es wichtig, schon das Werben für eine terroristische Vereinigung unter Strafe zu stellen. Aber auch das blockiert die SPD.
BamS: Die CSU hat sich gerade in Seeon getroffen. CSU-Chef Horst Seehofer beharrt auf einer Obergrenze. Was heißt das für die CDU?
Tauber: Die CDU will erstmal eine Bundestagswahl gewinnen. Und wir wollen, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt.
BamS: Wird sie dann noch mit der CSU regieren?
Tauber: Ich glaube, dass es für Deutschland gut ist, wenn die Union zusammensteht. Und es gibt wichtigere Fragen für die Zukunft Deutschlands als die Obergrenze – und für die Zukunftsfragen haben wir als Union die besten Antworten.
BamS: Wird die CDU dem von der CSU geforderten Ausbau der Mütterrente zustimmen?
Tauber: Das ist jetzt nicht die entscheidende Idee, um Deutschland fit für die Zukunft zu machen. Und es würde neue Ungerechtigkeit schaffen: Die, die nach 1992 Kinder bekommen haben, wären dann benachteiligt im Vergleich zu denen, die die volle Mütterrente bekämen. Da rate ich zur Vorsicht.
BamS: Wie finden Sie den Vorschlag des Bundes der Steuerzahler, mit den Milliarden-Überschüssen der Bundesagentur für Arbeit die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken?
Tauber: Das ist ein sinnvoller Vorschlag. Wir müssen aber gleichzeitig auch in die neuen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit investieren, zum Beispiel in Weiterbildung und Qualifikation. Denn angesichts der fortschreitenden Digitalisierung wird das immer wichtiger.
BamS: FDP-Chef Christian Lindner hat der Großen Koalition vorgeworfen, so viel Schaden wie selten zuvor eine Regierung angerichtet zu haben. Hat sich die FDP damit als Koalitionspartner disqualifiziert?
Tauber: Ich bezweifle, dass es Herr Lindner mit seinem jetzigen Stil in den Bundestag schafft. Er redet teilweise wie Herr Gauland von der AfD. Der einzige Unterschied besteht darin, dass er statt eines abgewetzten Tweed-Sakkos einen überteuerten Maßanzug trägt. Der Grund, warum die FDP damals aus dem Bundestag geflogen ist, war nicht die CDU, sondern sie selbst. Und mit seinem selbstherrlichen Auftreten tut Herr Lindner gerade alles dafür, dass sie es wieder nicht schafft.
BamS: Dann wäre die FDP erledigt.
Tauber: Ja, und das wäre bedauerlich. Denn es braucht grundsätzlich liberale Politik in diesem Land. Aber die FDP muss sie halt auch machen.
BamS: Aber nochmal: Wäre sie ein Partner?
Tauber: Wir kämpfen für ein starkes Ergebnis der Union, damit nicht gegen uns regiert werden kann. Und dann wäre es gut, wenn am Wahlabend nicht nur Sigmar Gabriel einsam seine Runden auf der Tanzfläche dreht, sondern auch Mehrheiten mit Grünen oder FDP möglich sind. Insofern ja: Die FDP ist immer ein Partner für die Union.
BamS: Welche sportlichen Vorsätze haben Sie für dieses Jahr?
Tauber: Die Bundestagswahl gewinnen. Nicht mehr die zwei Kilometer mit dem Auto zur Arbeit fahren, sondern entweder mit dem Rad oder zu Fuß. Und zum ersten Mal den Marathon in Rom laufen. Zumal es mit dem Berliner Marathon in diesem Jahr nicht klappt, weil er vermutlich am Tag der Bundestagswahl stattfindet.