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EU-Kommission legt "fünf Szenarien" für künftiges Europa vor
Die Europäische Kommission hat ein Weißbuch zur Zukunft Europas vorgelegt, in dem Wege zur Wahrung der Einheit der 27 Mitgliedstaaten vorgestellt werden. Nach dem Brexit-Votum der Briten muss die EU nach Ansicht von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein „neues Kapitel“ aufschlagen. Juncker präsentierte am Mittwoch im Europaparlament in Brüssel ein „Weißbuch“ mit fünf Szenarien zur Zukunft der Union bis zum Jahr 2025. Sie reichen von “Weiter so wie bisher“ bis zu „Viel mehr gemeinsames Handeln“ und umfassen auch die Idee eines Europas der verschiedenen Geschwindigkeiten.
Juncker legte sich nach eigenen Worten bewusst nicht auf ein bevorzugtes Modell fest, um eine offene Diskussion in den kommenden Monaten zu ermöglichen und keine Lösungen „zu diktieren“. Das Weißbuch sei „der Beginn und nicht das Ende eines Prozesses“. Er hoffe nun auf eine „ehrliche und umfassende Debatte“ mit den Mitgliedstaaten.
Beginn eines Debattenprozesses: Szenarien für die Gestaltung Europas bis 2025
Im Weißbuch werden fünf Szenarien beschrieben; jedes einzelne bietet einen Ausblick, wo die Union im Jahr 2025 stehen könnte – je nachdem, welchen Kurs Europa einschlägt. Die Szenarien decken verschiedene Möglichkeiten ab und dienen der Veranschaulichung. Sie schließen sich daher weder gegenseitig aus, noch sind sie erschöpfend.
In Szenario 1 beschreibt Juncker ein „Weiter so wie bisher“ - Die EU27 konzentriert sich auf die Umsetzung ihrer positiven Reformagenda entsprechend den Politischen Leitlinien der Kommission „Ein neuer Start für Europa“ von 2014 und der von allen 27 Mitgliedstaaten im Jahr 2016 angenommenen Erklärung von Bratislava.
Juncker schloss für sich Szenario zwei aus, das eine bloße Konzentration Europas auf den Binnenmarkt vorsieht. „Ich bin strikt dagegen“, sagte er. „Europa ist mehr als Macht, Waren und Geld.“
Ein Europa verschiedener Geschwindigkeiten könne „große Fortschritte" für eine „kleine Zahl“ von Mitgliedstaaten bringen, die sich etwa im Verteidigungsbereich zusammenschließen könnten, sagte Juncker zum dritten Szenario. Das vierte Szenario sieht eine Konzentration auf weniger Politikbereiche nach dem Motto „weniger ist mehr“ vor.
Beim fünften Szenario mit „viel mehr gemeinsamen Handeln“ könnten die EU-Länder „Vollgas geben“, sagte der Kommissionschef. Dies sei etwa beim Klimaschutz nötig, um weiter international eine Vorreiterrolle innezuhaben.
Staats- und Regierungschefs diskutieren das Papier Ende März
Junckers Diskussionspapier soll in die Vorbereitung des Sondergipfels zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge Ende März einfließen, die den Grundstein für die heutige EU legten. Bei dem Treffen wollen die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten ohne Großbritannien eine Erklärung über die Ausrichtung der EU in den kommenden zehn Jahren verabschieden. Der Gipfel von Rom müsse „die Geburtsstunde der EU zu 27 werden“, forderte Juncker.
Positives Echo aus CDU und CSU
Die Vorschläge von Juncker sind auf positive Resonanz gestoßen: Er habe „ein gutes Bild der möglichen Szenarien vorgestellt“, erklärte der Vorsitzende der EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU). Es sei „eine gute Grundlage für die Diskussion im Europaparlament und mit den Staats- und Regierungschefs“. Diese müssten sich endlich klar äußern, „welche Art von Europa sie wollen“. Es sei an der Zeit, „die ständige Kritik der EU zu beenden“. Vielmehr müsse nun konkret über die Zukunft des Kontinents gesprochen und Entscheidungen getroffen werden.
Bundestagspräsident Norbert Lammert zollte Juncker Anerkennung für sein Vorgehen. Es sei klug, „Europa und seine Mitgliedstaaten darauf aufmerksam zu machen, dass es nicht eine denkbare Zukunft gibt, sondern verschiedene“, kommentierte er. Alles hänge letztendlich von den Prioritäten ab, die man sich selber setzte. „Diese Debatte müssen wir führen“, sagte er. Seine eigen Priorität sei dabei klar: „Wir brauchen ganz sicher nicht weniger, sondern mehr Zusammenarbeit in Europa“, sagte Lammert.
Der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Stübgen, betonte: „Wir brauchen in Europa eine offene und intensive Debatte darüber, wie der europäische Einigungsprozess nach dem britischen Austritt fortgesetzt werden kann. Das von der Kommission verabschiedete Weißbuch bietet eine substanzielle und gut strukturierte Grundlage für diesen wichtigen Diskussionsprozess.“
cw