Sag's einfach!
Die CDU veröffentlicht ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl auch in Leichter Sprache. Über das Warum und Wieso sprachen wir mit dem Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Baumert aus Hannover.
Frage: An wen richten sich Texte in Leichter Sprache?
Baumert: Ursprünglich an Menschen mit geistigen Behinderungen. Dann hat man festgestellt, dass auch viele andere so einen Text gerne lesen. Nach einer Untersuchung der OECD erreicht die Hälfte der Erwachsenen bei uns nicht das mittlere Niveau der Lesekompetenz.
Frage: Leichte Sprache, einfache Sprache, verständliche Sprache – ist das nicht alles das gleiche? Wo liegen die Unterschiede?
Baumert: Leichte Sprache folgt einer Art Regelwerk, für das besonders der Verein Lebenshilfe verantwortlich ist. Es ist nach wie vor in erster Linie ein Verband zur Unterstützung von Menschen mit geistigen Behinderungen.
In einfacher Sprache versuchen viele Organisationen und Unternehmen Laien in einem Fachgebiet anzusprechen. Dazu kommen Leser, die nicht gut und damit auch nicht gerne lesen. Einfache Sprache ist korrekte deutsche Standardsprache ohne Stolperfallen. Dazu gehören auch Empfehlungen für das Schreiben solcher Texte. In angelsächsischen Ländern wird das langsam Standard. Es heißt dort Plain English und besteht aus etwa 150 Empfehlungen.
Über verständliche Sprache kann man nur reden, wenn man prüft, ob der Leser verstanden hat. Das muss natürlich auch der Leser sein, den man erreichen wollte. Für Medizinprofessoren ist anderes verständlich als für die meisten Patienten.
Frage: Der CDU wurde vorgeworfen, durch die Übersetzung in Leichte Sprache seien Sachverhalte nicht korrekt wiedergegeben worden. Wie genau kann und muss Leichte Sprache sein?
Baumert: Leichte Sprache kann nicht korrekt sein, wenn der Sachverhalt ein bestimmtes Niveau übersteigt. Das ist auch bei einfacher Sprache so, nur liegt das Niveau dort wesentlich höher, etwa bei der Grenze zur Fachkommunikation, Ingenieur zu Ingenieur beispielsweise.
Man kann der CDU ihre Übersetzung nicht vorwerfen, weil das Behindertengleichstellungsgesetz in §11 die Leichte Sprache verlangt. Wenn auch eine Partei damit nicht direkt angesprochen wird, so bildet das doch den gegenwärtigen Trend ab.
Frage: Einfache Sprache arbeitet mit Beispielen, um schwierige Wörter zu erklären. Als Veralberung sehen manche Beobachter diese Texte. Müssen wir unseren Lesern mehr zutrauen?
Jeder gute Texter arbeitet mit Beispielen. Es kommt auf die Auswahl an. Man muss damit leben, dass Sprachgewandte sich veralbert fühlen. Nach einem Unfall oder infolge einer Krankheit kann auch ihre Lesekompetenz schnell zurückgehen. Dann danken Kritiker von heute für einen Text, den sie verstehen.
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