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Interview der CDU-Generalsekretärin mit der BILD am Sonntag (v. 17.06.2018)
Das Gespräch mit der BILD am Sonntag fand im Konrad-Adenauer-Haus statt. Es wurde von Miriam Hollstein und Roman Eichinger geführt.
BILD am SONNTAG: Frau Kramp-Karrenbauer, sind die Tage von Angela Merkel als Bundeskanzlerin gezählt?
Annegret Kramp-Karrenbauer: „Wir stehen vor einer ernsten Situation, was den Zusammenhalt in Deutschland, in Europa und in der Union anbelangt. Für eine gemeinsame Lösung lohnt es sich zu kämpfen.“
Innenminister Seehofer droht damit, am Montag Zurückweisungen an der Grenze auch ohne Zustimmung Merkels in Kraft zu setzen. Dann müsste Merkel ihn entlassen, oder?
„Darüber will ich nicht spekulieren, sondern eine solche Situation vermeiden.“
Die CSU will am Montag Seehofer die Rückendeckung geben, gegen den Willen der Kanzlerin im Alleingang zu handeln.
„CDU und CSU haben ein gemeinsames Ziel: Dass weniger Menschen über die Grenze nach Deutschland kommen. Wir sind uns einig, dass diejenigen, die woanders Asyl beantragt haben, gar nicht erst ins Land gelangen sollen.“
Was ist mit denen, die in anderen EU-Ländern lediglich registriert wurden?
„Die haben nach geltender Rechtslage einen Anspruch darauf, dass geklärt wird, welches europäische Land für sie zuständig ist.“
Aber das heißt doch, dass man zumindest diejenigen, die woanders bereits Asyl beantragt haben, an der Grenze zurückweisen muss.
„Wir wollen dies auf der Grundlage von Vereinbarungen mit betroffenen Ländern erreichen, zum Beispiel Italien, Griechenland und Bulgarien. Bei einem nationalen Alleingang unsererseits besteht doch die Gefahr, dass noch mehr Menschen über unsere Grenzen kommen, weil sie bei der Ankunft in diesen Staaten erst gar nicht mehr registriert werden. Für diese Verhandlungen hat die Bundeskanzlerin das Parteipräsidium und die CDU-Bundestagsabgeordneten um zwei Wochen Zeit gebeten. Dieser Bitte ist die ganz große Mehrheit gefolgt.“
Aber nicht die CSU.
„CDU und CSU verfolgen das gleiche Ziel. Und ich bin überzeugt, dass sich die CSU funktionierenden Vereinbarungen nicht verschließen wird. Unsere Hand zur CSU bleibt ausgestreckt.“
Und warum darf Deutschland jetzt nicht handeln?
„Deutschland liegt im Herzen Europas. Ein nationaler Alleingang kann unsere Verhandlungsposition schwächen und möglicherweise Auswirkungen auf anderen Feldern haben zum Beispiel beim Euro.“
Angela Merkel hat drei Jahre lang vergeblich versucht, eine europäische Lösung für die Flüchtlingskrise zu finden. Wie soll das jetzt in 14 Tagen klappen?
„Es geht nicht um die laufenden Bemühungen, das gesamte Dublin-System zu reformieren. In den nächsten beiden Wochen geht es konkret um bilaterale Vereinbarungen zwischen Staaten, ähnlich dem Abkommen mit der Türkei.“
Wenn die bilateralen Verhandlungen scheitern, wird Merkel dann Zurückweisungen zustimmen?
„Die Ergebnisse von Verhandlungen werden wir sicher in der Partei gemeinsam bewerten.“
Die Mehrheit der Deutschen ist für die Pläne Seehofers, an den Grenzen zurückzuweisen.
„Das will Angela Merkel auch, aber auf der Grundlage von mit Nachbarn abgestimmten Vereinbarungen. Ob die Schaffung von vollendeten Tatsachen die Bereitschaft für Verhandlungen fördert, halte ich für mehr als fraglich. Die Notwendigkeit für weitere Verhandlungen zu vermitteln, ist nicht einfach. Aber politische Führung bedeutet, sich dieser Aufgabe zu stellen.“
Kommen aufgrund des Unionsstreits jetzt andere Themen zu kurz?
„Mich bedrückt der Streit auch deshalb, weil sich gerade so viel verändert, wir aber auf der Stelle treten. Zum einen, weil wir mit der SPD einen Koalitionspartner haben, der mit seinen eigenen Problemen kämpft und deshalb keine große Dynamik entwickelt. Zum andern, weil wir uns jetzt mit dem eigenen Streit beschäftigen. Es gibt so viele wichtige Probleme und Themen – bezahlbarer Wohnraum, Digitalisierung, gute Pflege – die deshalb gerade auf der Strecke bleiben. Wir müssen aufpassen, dass die Menschen am Ende der Wahlperiode nicht sagen: „Das waren verlorene Jahre. Die haben sich ausgiebig gestritten, statt sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern.“ Da tragen wir eine große Verantwortung.“