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Junge Union lässt diskutieren: Haben Volksparteien eine Zukunft?
Die Welt verändert sich, und viele Menschen empfinden das als Bedrohung. Immer mehr von ihnen suchen nach einfachen Lösungen. Damit aber tun sich vor allem die Volksparteien schwer – sie suchen tragfähige Kompromisse und verlieren dadurch die Ungeduldigen. Ist die CDU also überhaupt noch Volksparte? Und wie steht es um die SPD? Die Junge Union im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hatte zur Diskussion eingeladen und rund 100 Gäste waren ins Konrad-Adenauer-Haus gekommen.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters ist seit Dezember 2016 Landesvorsitzende der CDU Berlin. Gerade mal 17,6 Prozent der Stimmen hatte ihre Partei bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 noch erhalten. Zu wenig für eine Volkspartei – so sieht auch sie das Ergebnis. Gerade deshalb fordert sie ruhige und sachliche Analysen: „Wir dürfen die Diskussion nicht im Panik-Modus führen.“ Grütters verweist auf früher: „Die Krise der Volksparteien ist so alt wie mein Engagement in der CDU“, sagt sie. Schon seit 1982 werde über das Ende der Volksparteien geschrieben.
Differenziert analysieren
Die Ergebnisse der Landtagswahlen 2017 zeigten ein anderes Bild: Jeweils rund zwei Drittel der Stimmen erhielten die Volksparteien. Das seien grundsätzlich stabile Werte. Grütters sieht die aktuelle Debatte vor allem in einer dramatischen Schwächung der SPD. Die Union trotze den Fliehkräften.
„Der differenzierte Blick lohnt sich“, sagt sie, gerade mit Blick auf die letzte Bundestagswahl. Hier hätten der Verlauf des Wahlkampfes und die Art der Debatte zum Verlust an Stimmen entscheidend beigetragen. „Die Menschen haben von uns einen Zukunftsentwurf erwartetet – und den haben wir nicht geliefert“, betont Grütters und fordert: „Wir müssen den Menschen zeigen, dass wir eine klare Haltung haben und einen klaren Plan für die Zukunft.“
Das bestätigt auch Ole von Beust. Der ehemalige Erste Bürgermeister in Hamburg brach Ende Oktober 2001 ein Tabu: Er koalierte mit der extrem rechten Partei Rechtsstaatlicher Offensive. Drei Jahre später kündigte von Beust die Koalition und holte anschließend die bisher einzige absolute Mehrheit für die CDU in Hamburg. Seine Forderungen an die CDU: „Man muss ehrlich sein und zu seinen Versprechen stehen. Man darf nicht einfach Positionen räumen. Der Staat muss Handlungsfähigkeit zeigen.“
Politik mit Personen verknüpfen
Die Bürger wollten sich mit ihrer Partei identifizieren können, so von Beust. „Wir brauchen für die unterschiedlichen Strömungen in der Bevölkerung in der Partei passende Identifikationsfiguren.“ Grütters unterstreicht das: „Man macht Positionen und Inhalte auch immer an Namen fest und an Personen, die überzeugend sind.“
Professor Oskar Niedermeyer beobachtet Politik von außen. Der anerkannte Politikwissenschaftler und Wahlforscher sieht schon lange, dass es der Politik zunehmend schwerer falle, gezielt Gruppen anzusprechen. „Die heutige Zeit ist gekennzeichnet durch viele kleinere Gruppen, in die die Gesellschaft zerfallen ist“, skizziert er. Er fordert die Parteien gerade deshalb zu ehrlichen Debatten auf: „Sie müssen die Leute immer wieder neu überzeugen.“ Dazu brauche es feste Positionen und pragmatische Lösungen.
Werte einhalten
Die CDU sei auf drei Säulen gegründet worden, legt Niedermeyer dazu dar: dem christlichen Menschenbild, einem wirtschaftlichen Liberalismus und einem gesellschaftlichen Konservatismus. Das brauche es auch heute noch zur Identifikation. „Und das muss austariert werden.“
Es gebe einen „Akzeptanzkorridor“ für die Wähler einer Partei, legt er dar. „Weicht man davon zu stark ab, dann wenden sich die Wähler von dieser Partei ab.“ Das habe die SPD bei der Agenda 2010 mit ihren Wählern erlebt. Das gleiche sei bei der Union passiert, als die Union in der Flüchtlingskrise ihren Weg verlassen hat.
So sieht es auch Mariam Lau. Die deutsche Journalistin und Publizistin sagt: „Die Union hat sich in der Flüchtlingskrise sehr zappelig gezeigt.“ Man müsse als Partei aber auf eine klare Linie zurückgreifen: „Man kann und darf den Leuten Klartext zumuten.“ Parteien müssten „die Leute ernst nehmen und Ihnen erklären, was sie machen. Damit kommen die Leute klar.“
Wie ist also die Lage der Volksparteien?
„Nach meiner Definition ist die Union noch eindeutig Volkspartei, die SPD auf Landesebene nicht mehr eindeutig“, stellt Professor Oskar Niedermeier fest: ein Hammer. Auch, wenn er einräumt, es gebe dazu keine Einigkeit unter Wissenschaftlern, Journalisten und anderen.
juk
Die Volkspartei ist der „Typ einer politischen Partei, die mit ihrem Programm nicht nur begrenzte Interessengruppen anspricht und deshalb Anhänger und Wähler in allen Bevölkerungsschichten hat. Gegensatz: Interessenpartei, z.B. Arbeiterpartei.“ So definiert die Bundeszentrale für politische Bildung den Begriff.
Die CDU beschreibt sich selbst als „Volkspartei der Mitte“. Dahinter steht seit ihrer Gründung der Wille, evangelische und katholische Christen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Jüngere und Ältere sowie Frauen und Männer aller gesellschaftlichen Gruppen anzusprechen. Die Volkspartei CDU war damit eine Reaktion auf die Klientelparteien der Weimarer Republik.
Die CDU hat auch ihre Mitgliederstruktur und ihre Arbeit vor Ort auf eine breite Grundlage gestellt: Rund 430 000 Mitglieder debattieren und entscheiden – über Themen vor Ort und über Anträge an den Bundesparteitag. So kann jeder zu Wort kommen.
Das politische Programm beinhaltet durch diese breiten Debatten immer den Ausgleich der Interessen unterschiedlicher Gruppen. So wird vermieden, die eine Gruppe gegen die andere auszuspielen.