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Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit dem "Luxemburger Wort"
Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit:
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab dem „Luxemburger Wort“ (26.04.2014) folgendes Interview. Die Fragen stellte Christoph Bumb.
LW: Herr Tauber, welche Bedeutung hat der Europa-Wahlkampf aus deutscher Perspektive?
Tauber: Die CDU ist die deutsche Europapartei. Für die Europawahlen am 25. Mai haben wir mit unseren Mitgliedern dementsprechend auch ein sehr umfangreiches Wahlprogramm erarbeitet. Das ist umfangreicher als in der Vergangenheit und als die Programme aller anderen deutschen Parteien. Darin haben wir uns mit allen wichtigen Fragen von europäischer Bedeutung intensiv beschäftigt. Im Wahlkampf wollen wir mit unserem deutschen Spitzenkandidaten David McAllister, dem EVP-Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker und mit dem europapolitischen Gewicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel punkten.
LW: Welche Vision hat Ihre Partei von der Zukunft der EU?
Tauber: Es mag zunächst paradox klingen: Wir brauchen ein Mehr und ein Weniger an Europa – abhängig vom jeweiligen Bereich. Mehr Europa ist dort nötig, wo wir dadurch an Stärke gewinnen etwa durch einen gemeinsamen Wirtschaftsraum und einen starken Euro. Hier muss es das Ziel sein, gut funktionierende Entscheidungsstrukturen zu haben. Auch bei Fragen wie der Vereinheitlichung des europäischen Luftraumes gilt es, weiter den europäischen Einigungsweg zu suchen. Aber gerade die nationalen Eigenarten sind auch eine Stärke der EU. Deshalb sollte es weniger Europa dort geben, wo wir gewisse Dinge auch unterschiedlich machen.
LW: Teilen Sie damit die zunehmende „Euroskepsis“?
Tauber: Sicher nicht, aber wir fühlen uns durchaus dem Leitsatz verbunden: Nicht jede Aufgabe in Europa ist auch eine Aufgabe für Europa. Das scheint auch das Gefühl der großen Mehrheit der Menschen in der EU zu sein. Bei strategischen Fragen, in denen Europa nicht zuletzt auch im Wettbewerb zum Rest der Welt steht, müssen wir mit der Integration weiter voranschreiten. Das heißt aber nicht, dass sich die EU um jedes Detail des Alltags ihrer Bürger kümmern muss. Zwischen diesen beiden Polen muss man sich klug bewegen, wenn man nicht populistisch in die eine oder andere Richtung sein will.
LW: Muss die EU nicht auch demokratischer werden?
Tauber: Wir fordern in unserem Programm die Direktwahl des Präsidenten der Europäischen Kommission. Das würde einige Fragen nach dem institutionellen Gleichgewicht in der EU auf Anhieb lösen. Das Volk bekäme damit die Macht, über die Besetzung eines zentralen Amtes in Brüssel direkt zu entscheiden. Es gibt aber weitere notwendige institutionelle Reformen. Die EU-Kommission sollte verkleinert werden. Dafür drängt sich allerdings keine leichte Lösung auf. Einerseits könnte eine kompaktere Kommission sicher besser arbeiten. Andererseits stellt sich die Frage, welche Länder dann nicht mehr vertreten sind, wenn man nicht mehr allen Mitgliedstaaten einen Kommissar zugesteht. Wir haben hier keine abschließende Lösung parat, aber die Frage muss gestellt werden.
LW: Die Bundeskanzlerin und Ihre Partei unterstützen Jean-Claude Juncker auf seinem Weg an die Spitze der Kommission. Heißt das, dass im Falle eines Wahlsiegs der EVP Juncker automatisch Kommissionspräsident wird?
Tauber: Meine politische Erfahrung sagt mir, dass es nur selten zwangsläufige Automatismen gibt. Aber natürlich ist Jean-Claude Juncker unser Spitzenkandidat. Und er kommt in Deutschland sehr gut an. Durch seine offene und zupackende Art gewinnt er schnell persönliches Vertrauen. Die Menschen kennen und mögen ihn. Das merkt man bei seinen Besuchen ganz deutlich. Im Gegensatz zu Martin Schulz: Der ist zwar Deutscher, aber längst nicht so bekannt wie Juncker. Es ist für uns unstrittig, dass Juncker eine wichtige Rolle in der EU spielen soll. Ich warne aber davor, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen: Es geht jetzt erst einmal darum, die Wähler zu überzeugen, und nicht darum, Posten zu verteilen. Wir sollten uns also darauf konzentrieren, die Wahlen zu gewinnen, um damit gute Voraussetzungen zu schaffen, dass Juncker sein Ziel erreicht.
LW: In der Vergangenheit gab es aber wesentliche europapolitische Differenzen zwischen Deutschland und Luxemburg. Stichwort: Eurobonds.
Tauber: Wir sind froh, dass sich die CDU-Position in der EVP durchgesetzt hat. Wir sind der Ansicht, dass die europäische Staatsschuldenkrise noch längst nicht überwunden ist. Es gibt positive Anzeichen, und wir müssen Staaten wie Griechenland, Portugal oder Irland weiter in ihren Anstrengungen unterstützen. Dabei sollten wir Deutschen aber nicht als Oberlehrer auftreten, auch wenn Deutschland in vielen Bereichen schon einen Schritt weiter ist. Wir haben mit der Umsetzung der schwierigen Reformen schon vor zehn Jahren begonnen und ernten jetzt die ersten Früchte. Bis Reformen wirken braucht man einen langen Atem – das dürfen wir bei aller kurzfristigen Euphorie nicht vergessen.
LW: Auch Jean-Claude Juncker hat sich in den vergangenen Wochen an Ihre Position angepasst. Wie kam es zu solch einem doch bedeutenden Kurswechsel?
Tauber: So bedeutend und radikal sehe ich diesen Kurswechsel nicht. Im Gegensatz zu anderen war Jean-Claude Juncker immer der Ansicht, dass Eurobonds nur mittelfristig, also nach dem Ende der Staatsschuldenkrise und nur im Zuge einer Vereinheitlichung der Wirtschafts- und Finanzpolitiken in der EU, ein sinnvolles Instrument sein könnten. So habe ich ihn jedenfalls immer verstanden. Damit unterscheidet er sich signifikant von den Sozialisten und Sozialdemokraten, die Eurobonds als sofortiges Mittel zur Beilegung der Krise auf ihre Fahnen geschrieben haben. Wir als CDU haben da eine klare Haltung: Wir glauben grundsätzlich nicht, dass Eurobonds ein kluges Instrument sind. Denn selbst bei einheitlicheren politischen Standards könnten bestimmte Staaten ihre Anstrengungen zum Schuldenabbau vernachlässigen. Im Klartext heißt das: Mit der CDU und Jean-Claude Juncker wird eine Vergemeinschaftung von Schulden in der EU in den nächsten Jahren kein Thema sein.