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12-Punkte-Plan für schnelleres Planen und Bauen
Nationale Infrastrukturprojekte beschleunigen Planungs- und Genehmigungsverfahren für Bauvorhaben in Deutschland ziehen sich oft über Jahre hin und sind ein massives Hindernis für neue Investitionen in Betriebe und Infrastrukturen. Bei der Elbvertiefung, aber beispielsweise auch beim Bau neuer Bahnstrecken (Bahnstrecke Berlin-München) oder neuer Autobahnen (A20) kann man sehen, dass das heutige Planungsrecht nicht mehr zeitgemäß ist. Häufig dauert es von der Planung bis zum Baubeginn viele Jahre oder sogar Jahrzehnte. Dies ist aus Sicht vieler Bürger und Unternehmen ein unhaltbarer Zustand. Im europäischen Vergleich nehmen diese Prozesse in Deutschland überdurchschnittlich viel Zeit in Anspruch. Einer der Gründe liegt in der wachsenden Zahl geltender planungs- und umweltrechtlicher Vorgaben. Insbesondere beim Ausbau der Infrastrukturen entstehen dadurch Wettbewerbsnachteile. Denn Deutschland benötigt als exportstarke Wirtschaftsnation in der Mitte Europas leistungsfähige Verkehrswege. Zudem gilt es gerade in den kommenden Jahren, massiv in den Ausbau beispielweise der Schieneninfrastruktur zu investieren, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Daher wollen wir die rechtlichen Rahmenbedingungen so anpassen, dass schneller geplant und gebaut werden kann. Ein erster Schritt wurde im Jahr 2018 mit dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich getan.
Zur weiteren Beschleunigung von Bauvorhaben sollten aus unserer Sicht folgende Maßnahmen in die Wege geleitet werden:
- Abläufe im Planungs- und Genehmigungsrecht verkürzen;
- Vorteile der Digitalisierung ausnutzen;
- ausreichend Planungspersonal in den Behörden einsetzen;
- frühzeitige Einbindung von Bürgerinteressen gewährleisten.
Daher fordern wir:
1. Reform der Aarhus-Konvention:
Die Bundesregierung muss die EU-Ratspräsidentschaft 2020 für eine Initiative zur Reform der Aarhus-Konvention nutzen, um damit eine Verfahrensbeschleunigung und Modernisierung der Beteiligungsverfahren zu erreichen. Grundlage zahlreicher EU-Vorschriften über die Verfügbarkeit von Umweltinformationen und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten basieren auf dieser im Jahr 1998 vereinbarten Konvention. Nach 20 Jahren Erfahrung mit vielen Verfahrensverzögerungen besteht nun Reformbedürftigkeit, die der Bundestag und die Bundesregierung anstoßen sollten.
2. Umsetzung der Vorschläge des Normenkontrollrats zur Beschleunigung des Verwaltungsrechtswegs:
Der Nationale Normenkontrollrat hat ein Gutachten mit zehn Vorschlägen zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren vorgelegt, deren Umsetzung wir fordern. Zu diesen Vorschlägen zählen u.a.:
- Festlegung eines frühen ersten Erörterungstermins zur schnelleren Klärung von Rechtsfragen
- Beschleunigung des Gerichtsverfahrens mittels schnellerer Aktenbearbeitung durch zusätzliche Fachgutachter und wissenschaftliche Mitarbeiter
- Konsequente Nutzung der Beschleunigungspotenziale der Digitalisierung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Vorlage sämtlicher Akten und Urkunden in elektronischer Form
- Beschleunigung durch vorgezogene Prüfung der Klagebefugnis bei Normenkontrollverfahren auch für Umweltverbände
Diese Vorschläge sind laut Normenkontrollrat nachweislich dazu geeignet, um die Verfahrenszeit deutlich zu verkürzen. Es empfiehlt sich deshalb, diese insbesondere bei Infrastrukturvorhaben umzusetzen. Auch wenn die größten Beschleunigungspotenziale im Regelungsbereich der EU liegen, sollten Potenziale zur Beschleunigung nationaler Verfahren ebenso ergriffen werden.
3. Beschleunigung von Gerichtsverfahren:
Beschleunigte Gerichtsverfahren, ohne dabei den Rechtsschutz zu schwächen, können den Verwaltungsrechtsweg von Planungsverfahren deutlich verkürzen. Beispielsweise könnte die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte (beziehungsweise Verwaltungsgerichtshöfe) erweitert werden. Wir plädieren für eine entsprechende Anpassung der Verwaltungsgerichtsordnung.
4. Verstärkten Einsatz von Maßnahmengesetzen prüfen:
Zentrale Verkehrsinfrastrukturprojekte sollten ausschließlich durch projektbezogene Maßnahmengesetze, die der Deutsche Bundestag final beschließt, genehmigt werden, wodurch auf ein Planfeststellungsverfahren verzichtet werden kann. Ein transparentes und schlankes Verfahren im Genehmigungsprozess führt zu einer größeren Akzeptanz der Projekte und beschleunigt so Planungs- und Genehmigungsverfahren. Daher sollte eine breitere Anwendung von Maßnahmengesetzen im Einklang mit dem EU-Recht geprüft werden, beispielsweise durch eine Ausweitung der Definition der Systemrelevanz von Verkehrsinfrastrukturprojekten.
5. Gesetzliche Stichtagsregelung einführen:
Derzeit müssen die Planungen gemäß den neuesten fachlichen Erkenntnissen und Gesetzen während des laufenden Genehmigungsverfahrens angepasst werden. Dadurch kommt es während des Planungsverfahrens häufig zu Verzögerungen und langwierigen Überarbeitungen, weil sich technische oder verkehrliche Rahmenbedingungen ändern. Dies wurde insbesondere bei der Elbvertiefung evident. Eine gesetzliche Stichtagsregelung würde es ermöglichen, dass Änderungen nach einem bestimmten Stichtag nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Dies würde die Planbarkeit von Infrastrukturprojekten verbessern und die Zeit vom Planungsbeginn bis zum Bau verkürzen.
6. Verbandsklagerecht einschränken:
Umweltverbände sollen nur klagen dürfen, wenn die Belange des entsprechenden Verbands direkt betroffen sind oder eine ordnungsgemäße Beteiligung der Umweltverbände im Genehmigungsverfahren nicht gegeben war. Ansonsten wird das Verbandsklagerecht pauschal für die Blockade von Infrastrukturprojekten benutzt. Die Klagen von Umweltverbänden sollten sich auf umweltbezogene Rechtsvorschriften beschränken und nicht mehr auf Basis von wirtschaftlichen Bedenken erfolgen können. Grundsätzlich sollten alle Klageberechtigten verpflichtet werden, alle ihnen bekannten verfahrensrelevanten Umstände bereits im Verwaltungsverfahren mitzuteilen, anstatt erst hinterher dagegen zu prozessieren.
7. Digitalisierte Bauwerksdatenmodellierung verpflichtend anwenden:
Building Information Modeling (BIM) ermöglicht ein digitales Gebäudemodell über dessen Lebenszyklus mit all relevanten Informationen abzubilden. Somit lassen sich frühzeitig Abstimmungs- und Planungsprozesse zwischen Bauherren, Planern, Behörden, Auftragnehmern und nicht zuletzt der Öffentlichkeit erheblich optimieren. Es kann zum Beispiel jederzeit festgestellt werden, ob das Projekt in Bezug auf Konstruktion, Zeit-, Material- und Kostenplanung realistisch und effizient umgesetzt werden kann. Seit Mitte 2017 werden bereits Verkehrsinfrastrukturprojekte mit Unterstützung von BIM mit dem Ziel durchgeführt, dies ab 2020 bei neuen Bundesverkehrsinfrastrukturprojekten grundsätzlich anzuwenden. BIM sollte zukünftig verpflichtend bei allen öffentlich finanzierten Bauvorhaben sein.
8. Planungspersonal verstärken:
Wesentlich für die Kosten- und Termintreue sind belastbare Bedarfsfestlegungen. Wenn sich Planungen im fortgeschrittenen Stadium ändern, führt dies regelmäßig zu Verzögerungen und Kostensteigerungen. Um auf über den Projektverlauf stabile Bedarfsanforderungen als Planungsgrundlage zurückgreifen zu können, ist es unerlässlich, dass die öffentlichen Auftraggeber den Bestand an eigenem Planungspersonal aufstocken oder sich in größerem Umfang als bisher der Expertise von externen Ingenieurbüros bedienen und diese mit der Prüfung und Begleitung von Bauvorhaben beauftragen. Auch die Personalkapazitäten der Genehmigungsbehörden sind bedarfsgerecht auszubauen. Um beispielsweise Schieneninfrastrukturprojekte schneller vorantreiben zu können, muss das EisenbahnBundesamt personell über das bisher geplante Maß hinaus deutlich gestärkt werden.
9. Neue Beteiligungskultur etablieren:
Das Vertrauen der Bürger in den Staat ist bei großen Bauprojekten spürbar gesunken. Widerstand gibt es dann, wenn persönliche Belange oder Umweltbelange betroffen sind oder der Sinn und die Kosten eines Projektes nicht verständlich vermittelt werden. Vorhabenträger sowie Anhörungs- und Planfeststellungsbehörden sollten daher eine professionelle Verfahrenskommunikation in sämtlichen Beteiligungsverfahren sicherstellen und digitale Möglichkeiten der Beteiligung einsetzen, wie beispielsweise verpflichtende Online-Foren mit Feedback-Funktion einrichten, wodurch Bürger automatisch einen Hinweis bekommen, wenn sich am Planungs- oder Baustand etwas ändert.
10. Vergabeverfahren ändern:
Die gegenwärtige Vergabepraxis muss vor dem Hintergrund regelmäßiger Nachtragsforderungen und Kostenexplosionen auf den Prüfstand gestellt werden. So hat der öffentliche Auftraggeber derzeit die Pflicht, schriftlich von dem betroffenen Bieter unter Setzung einer zumutbaren Antwortfrist Aufklärung über die Kalkulation seiner Preise zu verlangen. Dies gilt auch bei absurd niedrigen Angeboten. Um zu verhindern, dass es aufgrund solcher Angebote später zu gerichtlichen Auseinandersetzungen und Nachtragsforderungen mit hohen Kosten zulasten des Steuerzahlers kommt, sollten Angebote mit dem tiefsten Preis standardmäßig überprüft werden und im Regelfall keine Berücksichtigung finden. Zugleich muss überprüft werden, ob ein weiterer Anbieter aus einem Konzernverbund mit dem billigsten Anbieter stammt, um sich so in eine bessere Position zu bringen. Auch dessen Angebot müsste dann besonders kritisch überprüft und ggf. ausgeschlossen werden können.
11. Plangenehmigung statt Planfeststellung ermöglichen:
Um auch Straßenbrücken-Ersatzbauten, die in der Lage und Dimension von der zu ersetzenden Brücke abweichen, zügig bauen zu können, sollten sie grundsätzlich nicht als Neubau, sondern als Instandsetzung gewertet werden, so dass eine reine Plangenehmigung statt der Planfeststellung notwendig wäre.
12. Baukosten besser und verlässlicher kommunizieren:
Um Vertrauen in die Baukompetenz der öffentlichen Hand zu stärken und nachträgliche Budgetüberschreitungen zu vermeiden, soll erst eine Schätzung der Kosten eines Projekts erfolgen, wenn der Bauherr über hinreichend belastbare Planungsgrundlagen verfügt und belastbare Daten zu den Kosten einzelner Maßnahmen und Bauteile vorliegen. Zudem sollen bei der Mittelanmeldung und der externen Kommunikation von Bauprojekten nicht nur die Kosten nach DIN zum Zeitpunkt der Planung und Kostenermittlung, sondern auch Risiken, die hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und Kostenhöhe im Schadensfall sachverständig beschrieben und eingeschätzt worden sind, benannt werden. Dies gilt insbesondere für Baupreissteigerungen bei langen Bau- und Planungszeiten sowie für Kostenrisiken, die infolge der Nutzung neuer Techniken, aus Natur- und Artenschutzgründen oder wegen des Baugrunds entstehen. Bei bereits laufenden Projekten sollen genehmigte Änderungswünsche dokumentiert, hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Projektkosten bewertet und der Öffentlichkeit kommuniziert werden.
Antrag Nr. C 213, C 235 und C 236 auf dem 32. Parteitag der CDU Deutschlands, hier nachzulesen.