„Brexit means Brexit!?“ – aber was bedeutet das genau? Antworten auf zentrale Fragen zum EU-Austritt Großbritanniens
Am Freitag, den 31. Januar 2020, um 24 Uhr (MEZ), ist es so weit: Der Brexit wird vollzogen – das Vereinigte Königreich wird aus der Europäischen Union (EU) austreten. Ab dem 1. Februar 2020 besteht die EU dann noch aus 27 Mitgliedsländern.
Wir sagen: Good bye, UK! Wir haben Respekt vor der Entscheidung der Briten, aber klar ist auch: Es ist ihre Entscheidung und nicht unsere. Gleichzeitig bleiben unsere Arme ausgestreckt. Die EU verliert einen Mitgliedsstaat, aber keinen Partner und Freund. Unsere Freundschaft bleibt bestehen.
Die ehemalige britische Premierministerin hat den kuriosen Satz geprägt „Brexit means Brexit“ (Brexit bedeutet Brexit). Sie wollte damit sagen, dass es kein Exit vom Brexit gibt – Großbritannien wird die EU definitiv verlassen. So weit, so unklar. Denn offen bleibt, was der Brexit wirklich bedeutet.
Viele haben Fragen zum Brexit. Neun der wichtigsten Fragen zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU beantworten wir hier.
Was ist der Brexit?
Mit dem Wort Brexit wird der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union beschrieben. Der Begriff Brexit ergibt sich aus einer Verschmelzung der beiden Englischen Wörter „Britain“ und „Exit“, zu Deutsch, „Britannien“ und „Ausgang/Austritt“.
Am 23. Juni 2016 hat eine Mehrheit der Briten in einer Volksabstimmung für den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU gestimmt. Die ehemalige britische Premierministerin Theresa May teilte den Beschluss zum Austritt am 29. März 2017 dem EU-Parlament mit. Damit sollte die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU nach einer zweijährigen Übergangszeit am 29. März 2019 enden. Der Austrittstermin ist allerdings mehrfach verschoben worden, sodass das Vereinigte Königreich nun am 31. Januar 2020, mehr als dreieinhalb Jahre nach dem Referendum, aus der EU austreten wird.
Wie kann ein Land aus der EU austreten?
Jedes Land kann internationale Verbünde verlassen. Mit der Einführung des Artikels 50 des EU-Vertrages wurde dies für die EU geregelt. Wenn ein Land erklärt, aus der EU auszutreten, kann es dies mit einer Frist von zwei Jahren tun. In dieser Zwischenzeit verhandelt das Land mit der EU über die Bedingungen des Austritts.
Warum möchte Großbritannien aus der EU austreten?
Am 23. Juni 2016 haben die Briten in einem Referendum darüber abgestimmt, ob das Vereinigte Königreich aus der EU austreten soll. Sie haben sich mit 51,9 Prozent für den Austritt aus der EU entschieden. Die Wahlbeteiligung lag bei 72 Prozent.
In der Bevölkerung hatten zuvor die Angst vor zunehmender Einwanderung und einem Souveränitätsverlust sowie die europäische Schuldenkrise zu einer steigenden Skepsis gegenüber der EU geführt. Dies belastete das schon immer besondere Verhältnis Großbritanniens zur EU.
Wie sieht der Brexit-Fahrplan aus?
- Der EU-Austritt Großbritanniens ist zum 31. Januar 2020 beschlossen.
- Die Bedingungen des Austritts haben die EU und das Vereinigte Königreich in den letzten beiden Jahren im Austrittsabkommen verhandelt.
- Bis zum 31. Dezember 2020 wird es eine Übergansperiode geben. Das Vereinigte Königreich ist in dieser Zeit zwar kein Mitglied der EU mehr, wird sich aber weitgehend an EU-Regeln halten. Für die Bürger und Unternehmen ändert sich deshalb erstmal kaum etwas.
- Während der Übergangszeit werden die EU und das Vereinigte Königreich über die zukünftigen Beziehungen verhandeln. Der Zeitrahmen hierfür ist äußerst ambitioniert. Über eine Verlängerung der Übergangsperiode muss sich bis spätestens 1. Juli 2020 geeinigt werden.
- Das größte Projekt, das in diesem Zeitraum gestemmt werden soll, ist die Verhandlung eines großen Freihandelsabkommens. Dieses soll die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich regeln und die wirtschaftlichen Schäden durch den Austritt aus der EU verringern.
Was ist der CDU beim Brexit wichtig?
Wir bedauern den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Deshalb streben wir eine weiterhin enge Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich an. Für den weiteren Austrittsprozess gibt es aus Sicht der CDU folgende Bedingungen:
- Die Rechte der in Großbritannien lebenden EU-Bürger müssen gewahrt werden, d.h. EU-Bürger, die am Ende der Übergangszeit in Großbritannien wohnen, können weiterhin im Land bleiben, arbeiten und studieren. Sie müssen jedoch einen „Settled Status“ beantragen. Dies hat die britische Regierung im Austrittsabkommen zugesichert.
- Zwischen Nordirland und der Republik Irland darf es zu keiner harten Grenze mit Schlagbaum kommen. Der Frieden auf der irischen Insel muss bewahrt werden. Dies ist durch das Austrittsabkommen gesichert.
- Die negativen Auswirkungen auf die Unternehmen und Bürger sollen so niedrig wie möglich sein, d.h. das für die wichtigsten Lebensbereiche keine großen Einschränkungen durch den Brexit verursacht werden sollen. Hier hat die CDU-geführte Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Institutionen der EU schon gute Vorarbeit geleistet. Z. B. regelt das Austrittsabkommen, dass alle britischen Arzneimittel, die bisher schon in der EU angeboten werden, keine neue Zulassung benötigen. Dies verhindert Lieferengpässe.
- Wir lehnen ein sogenannte Rosinenpickerei ab. Großbritannien kann nicht aus der EU austreten und trotzdem alle Vorteile der EU, wie etwa den zollfreien Binnenmarkt, behalten.
Wie sollen die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich aussehen?
Für eine international starke EU ist die Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich auch nach dessen Austritt aus der EU unverzichtbar. Die CDU befürwortet deshalb eine pragmatische Lösung:
- Wir wollen auch künftig mit unseren britischen Partnern möglichst eng auf vielen Gebieten zusammenarbeiten.
- Die zukünftigen Beziehungen sollen ein Gleichgewicht aus Rechten und Pflichten widerspiegeln und „einheitliche Spielregeln“ sichern.
- Klar ist, dass die EU unfaire Wettbewerbsbedingungen durch niedrigere Sozial-, Umwelt- oder Steuerstandards nicht akzeptieren kann.
- Besonderen Wert legen wir auf die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik und die Zusammenarbeit in den Vereinten Nationen.
Was würde ein Scheitern der Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen bedeuten?
Wirtschaft und Gesellschaft der EU und des Vereinigten Königreichs sind eng miteinander verbunden. Dies erstreckt sich auf viele Lebensbereiche, wie etwa die medizinische Versorgung, Zugang zu Konten und importierte Lebensmittel. Kommt es zu keiner Einigung über die zukünftigen Beziehungen bis zum Ablauf der Übergangsperiode, fallen die Handelsbedingungen auf den Standard der Welthandelsorganisation zurück. Dies würde die Wiedereinfuhr von hohen Zöllen und vieler weiterer Handelsbarrieren zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich bedeuten. Ein Scheitern der Verhandlungen hätte damit schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben der Bürger.
Ein Beispiel:
- Der MINI gilt als englische Marke. Richtig ist: Die Endproduktion findet in Oxford statt. Die Bauteile werden aber an unterschiedlichen Standorten in der EU hergestellt. Gibt es keine Einigung wie etwa ein Freihandelsabkommen, verzögern Kontrollen den Transport und verteuern Zölle das Produkt. Für manche Automarken in der EU gilt das umgekehrt.
Was ändert sich, wenn ich in Großbritannien arbeite oder studiere?
- Durch den Brexit ändert sich bis zum Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 im Wesentlichen sehr wenig für deutsche Bürger. Die Freizügigkeit gilt bis zum 31. Dezember 2020 weiter wie bisher.
- Grundsätzlich gilt: EU-Bürger, die am Ende der Übergangszeit in Großbritannien wohnen, können weiterhin im Land bleiben, arbeiten und studieren. Es kommt nicht darauf an, ob sie gearbeitet oder Geld verdient haben. Sie müssen jedoch einen „Settled Status“ beantragen. Dies hat die britische Regierung im Austrittsabkommen zugesichert.
- Für die Zeit nach dem Ablauf der Übergangsphase kann es sein, dass EU-Bürger, die neu nach Großbritannien ziehen wollen, genauso behandelt werden wie Arbeitsmigranten aus anderen Teilen der Welt. Dies wird Teil der Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen sein.
Was ändert sich, wenn ich in Großbritannien Urlaub machen will?
- Für EU-Bürger ändert sich nach dem Brexit am 31. Januar 2020 zunächst nichts. Die Einreise bleibt weiterhin mit Personalausweis und Reisepass bis zum Ablauf der Übergangsperiode erlaubt.
- Für die Zeit nach Ablauf der Übergangsperiode sind die Details noch nicht geklärt, aber es gibt Hoffnung, dass dies nicht allzu schwierig wird. Die EU hatte Großbritannien vorgeschlagen, dass Briten zunächst für 90 Tage ohne Visum in die EU einreisen dürfen. Aber nur, wenn London das Gleiche den EU-Bürgern zugesteht. Mitzunehmen wäre dann der Reisepass oder Personalausweis.