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Peter Altmaier: Klimawandel sägt an dem Ast, auf dem wir alle sitzen
„Die Erderwärmung macht keine Pause. Das Thema gehört auf die Tagesordnung.“ Das hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier im Interview mit dem Deutschlandfunk gesagt. Der Minister äußerte sich auch zu den Klimaprotesten der Fridays-for-Future-Bewegung: „Es ist richtig, dass die Jugendlichen auf die Straße gehen.“ Er fordert aber auch Debatte und Kompromissbereitschaft: Ohne Rücksicht auf Arbeitsplätze und Wohlstand „wird sich niemand für unseren Klimaschutz interessieren“.
Besser und schneller werden
Altmaier sieht Deutschland und Europa schon gut aufgestellt. Viele Weichen wurden schon gestellt, stellte Altmaier klar. „Die CO2-Emissionen gehen seit Jahren sehr deutlich zurück.“ Es wurden Ausstiegswege definiert und Gesetze verabschiedet. „Der Emissionshandel zeigt Wirkung, der Kohleausstieg ist beschlossen.“ Dennoch könne man „besser und schneller werden“, man dürfe die Sicherung von Arbeitsplätzen und gesellschaftlichen Wohlstand aber nicht aus den Augen verlieren. Deutschland müsse „ein leistungsfähiges, wirtschaftlich starkes Land“ bleiben. „Die Menschen in der ganzen Welt wollen Wohlstand. Und wir müssen ihnen zeigen, wie man Wohlstand mit Klimaschutz verbinden kann.“
Grüne Energie fördern
„Wir können einen Transformationsprozess schaffen“, stellt der Minister fest. Stahl könne mit grüner Energie erzeugt werden, klimaneutral. Diesen Rohstoff brauche man für modernes Bauen auch künftig in großer Menge, so Altmaier. Transformation müssten Regierungen überall als Thema auf die Tagesordnung setzen. Die ehrgeizigeren Ziele der EU bedeuten für alle EU-Staaten, „dass wir auch ehrgeiziger werden müssen beim Ausbau der erneuerbaren Energie.“ Deutschland könne dabei „mit gutem Beispiel vorangehen“.
Fossile Energie als Backup
Der Anteil der Kohleverstromung ist schon deutlich gesunken. Die Kraftwerke werden ggf. schneller als geplant vom Netz gehen können. Derzeit brauche man sie aber noch „für die Momente, wo der Wind nicht bläst und die Sonne nicht scheint“. Gaskraftwerke seien eine „Übergangstechnologie“, weil diese Kraftwerke bei Bedarf flexibel hochgefahren und schnell auch wieder heruntergefahren werden können. So bleibe das Stromnetz stabil. Altmaier will schneller werden, wirbt auch dafür, dass der „Kohlekompromiss nicht alle vier Wochen in Frage gestellt wird“.
„Wir haben eine Verpflichtung und eine Verantwortung.“
Altmaier betont ausdrücklich: „Wir wollen, dass der Klimawandel gelingt. Wir wollen auch, dass der Strukturwandel gelingt.“ Dort, wo Menschen von der Kohle leben, müssen Ersatzarbeitsplätze her. Die könne nicht alle der Staat schaffen. Über eine Million Arbeitsplätze hingen zudem allein in Deutschland von der Automobilindustrie ab. „Viele Eltern der Fridays-for-Future-Kinder sind dort auch beschäftigt.“ Die Menschen erwarteten, „dass die Politik planbar und berechenbar ist“.
Umstieg statt Ausstieg
Auch aufgrund der Pandemie werde Deutschland 2020 das 40-Prozent-Ziel bei den Erneuerbaren Energien erreichen, so Altmaier. Auch weiterhin gelte, „dass wir einen Anteil unseres BIP dafür reservieren, Klimamaßnahmen zu fördern.“ Der Staat werde dazu auch CO2-intensiven Industrien helfen, klimaneutral zu werden. Ziel sei Umstieg statt Ausstieg.
Die Sorgen aller Menschen gleich ernst nehmen
Auch Altmaier beobachtet: Der Umstieg auf Erneuerbare Energien „ist den jungen Menschen zu langsam. Das ist den jungen Menschen zu wenig.“ Richtig ist: „Der Klimawandel sägt an dem Ast, auf dem wir alle sitzen.“ Aber für Wirtschaft und Gesellschaft gilt auch: „Man kann diesen Wandel nicht über Nacht machen.“ Der Blick auf die USA zeige, dass Klimaschutz schnell hinter Arbeitsmarktpolitik zurückfallen kann. „Dann würden die Arbeitslosen demonstrieren.“ Altmaier plädiert für ehrgeizige Reduktionsziele, für sehr transparente Verfahren und für Kontrolle. Er fordert aber auch, die Sorgen aller Menschen gleich ernst zu nehmen.
Hier können Sie sich das Interview anhören.