14.10.2020
Praxis-Tipps: Wie umgehen mit Verschwörungsmythen und -Theoretikern?
„Mit Fakten kommt man gegen Verschwörungstheorien nicht an. Es geht nicht darum, wer den längsten Appendix hat. Es geht nicht um Fakten. Es geht darum, dass sich die Geschichte richtig anfühlt.“ Christian Alt/Christian Schiffer im Buch „Angela Merkel ist Hitlers Tochter. Im Land der Verschwörungstheorien“
Genau wie bei der Auseinandersetzung mit Populisten gibt es kein Patentrezept.
Wo sich die Forschung weitgehend einig ist, sind folgende Punkte:
- Fakten helfen nicht: Fakten alleine helfen generell in den seltensten Fällen, um Meinungen zu ändern. Das gilt noch mehr bei Verschwörungsgläubigen. Hinzu kommt: Vermeintlich seriöse Quellen oder Belege werden von Verschwörungsgläubigen nicht ernst genommen. Diese Zielgruppen, die sich abgewandt haben von Politik, von traditionellen Medien, haben eben das Vertrauen in diese Informationsquellen verloren. Hinzu kommt der sog. Boomerang-Effekt: Wenn man Verschwörungsgläubige mit Informationen und Dokumenten überschüttet, machen diese nicht nur „die Schotten dicht“. Sondern die Betroffenen glauben danach noch stärker an ihre Thesen. Eine italienische Forschergruppe hat bei der Untersuchung von Facebook-Nutzern zudem herausgefunden: Wer sich in „unwissenschaftlichen Filterblasen“ aufhält, nimmt korrigierende Meldungen nicht nur nicht wahr. Sondern die Konfrontation damit verstärkt die Interaktion mit fragwürdigen Inhalten.
- Auch die berühmten Faktenchecks helfen gegen Verschwörungsgläubige nicht. Studien zeigen: Menschen (nicht nur Verschwörungsgläubige) merken sich das zwar kurz, doch fragt man ein paar Tage später nach, können sie nicht mehr genau auseinanderhalten, was nun wahr und was falsch war. Schlimmer noch: Durch die Wiederholung drohen auch die falschen Aussagen, sich festzusetzen.
- Faktenchecks sowie das sog. Debunking, also das „Entlarven“ von falschen Annahmen, können aber zumindest helfen, den „stillen Mitleser“ zu „impfen“. Wichtig ist dabei den Verschwörungsmythos nicht zu wiederholen.
- Was sich schließlich verbietet, sind öffentliche Beleidigungen („Aluhüte“ etc.)
Praktische Tipps für die Auseinandersetzung mit Verschwörungsmythen
Generell gilt:
- Klare Positionierung gegen Verschwörungsmythen!
- Respektvolles Miteinander: Keine Beleidigung von Anhängern von Verschwörungsmythen!
- Aber: Klare Kante gegen Hetze, Rassismus und Antisemitismus! Notfalls Anzeige erstatten!
Tipps für den persönlichen Umgang:
- Intervenieren Sie früh. Sobald Sie merken, dass jemand Verschwörungsmythen anhängt, sollten Sie das Gespräch suchen.
- Verzichten Sie auf „Faktenchecks“ oder Materialien etablierter Medien und Institutionen.
- Stellen Sie Fragen. Versuchen Sie Ihren Gegenüber durch kluge und gezielte Fragen selbst zum Hinterfragen zu bringen. Beispiel: „Warum hältst Du Deine Quelle für seriös?“
- Recherchieren Sie gemeinsam.
- Suchen Sie nach gemeinsamen Ansatzpunkten. Versuchen Sie herauszufinden, welchen „Sinn“ und „Nutzen“ der Verschwörungsmythos für den Anhänger hat und versuchen Sie darauf einzugehen.
- Bleiben Sie beim Thema. Verschwörungsgläubige neigen dazu, „vom Hölzchen aufs Stöckchen“ zu kommen.
- Die Abkehr von solchen Theorien dauert lange und ist ein schmerzhafter Prozess, weil das gesamte Weltbild in Frage gestellt wird. Bedenken Sie das bei Ihrem Vorgehen.
Für die politische Arbeit
- Benutzen Sie eine verständliche und wirkungsvolle Sprache - auf CDUplus finden CDU-Mitglieder dazu unseren Leitfaden „Worte, die wirken“
- Kommunizieren Sie klar und transparent. Betten Sie Fakten in eine emotionale Kommunikation ein.
- Nutzen Sie gutes, emphatisches und faktenbasiertes Storytelling.
- Schaffen Sie Möglichkeiten für Selbstwirksamkeitserfahrungen: Mitmachmöglichkeiten, eigene Umfragen, Abstimmungen etc.
- Bereichen Sie Ihre Kommunikation durch Wissenschaftler und wissenschaftsbasiertes Material.
- Bei Veranstaltungen und beim Canvassing:
- Suchen Sie, wenn möglich und sinnvoll, das private Gespräch! Führen Sie entsprechende Diskussionen nicht auf offener Bühne.
- Wenn nötig, beenden Sie Diskussionen höflich, aber bestimmt.
Für Social Media:
- Verzichten Sie darauf, Verschwörungsmythen selbst öffentlich wiederzugeben.
- Rücken Sie falsche Fakten gerade, um Mitleser zu „impfen“.
- Wenn möglich, betreiben Sie Community Management.
- Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen mit Verschwörungsanhängern ein.
- Auf CDUplus finden CDU-Mitglieder unseren Leitfaden für Ihre Social-Media-Arbeit „Der richtige Umgang mit Facebook, Twitter & Co".