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Georg Schirmbeck: Langfristig in das Ökosystem Wald investieren
Als Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrats hat Georg Schirmbeck die Belange des Waldes immer im Blick. Im Interview spricht er über die aktuellen Probleme des Waldes und welche Lösungen es dafür gibt.
Wie geht es dem deutschen Wald aktuell?
Die extreme Dürre der vergangenen Jahre, Stürme sowie überdurchschnittlich viele Waldbrände und Borkenkäferbefall haben den Wäldern in Deutschland erheblich zugesetzt. Unsere Fachleute gehen von einem Schadholzbefall von über 200 Millionen Kubikmeter aus. Insgesamt gibt es nach aktueller Einschätzung bundesweit kalamitätsbedingte Kahlflächen im Umfang von über 300.000 Hektar. Eine Fläche größer als das Saarland, die jetzt wiederbewaldet werden muss.
Der Wald im Klimawandel: Welche Probleme gibt es?
Parallel zur Wiederbewaldung dieser Schadflächen müssen zusätzlich mehrere Millionen Hektar (noch) vorhandener Wälder in Mischwälder umgebaut werden, um diese für die Zukunft widerstandsfähig gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu gestalten. Das geht rein biologisch nur in einer ganzen Generation. Forstwirtschaft unterscheidet sich von anderen Landnutzungsarten in der Weise, dass alle sinnvollen forstlichen Maßnahmen nur auf einer langen Zeitachse umgesetzt werden.
Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden?
Forstleute und Waldbesitzende sind auf Unterstützung von Politik und Gesellschaft angewiesen, um diese Herausforderungen anzunehmen und den Wald von heute auf die vielfältigen Anforderungen von morgen vorzubereiten. Die notwendigen Umbaumaßnahmen kosten mehrere Milliarden Euro. Damit die Privatwaldbesitzenden diese stemmen können, benötigen sie hohe finanzielle Zuwendungen öffentlicher Fördermittel.
Zudem ist es vor dem Hintergrund der aktuellen Probleme, unbestreitbar notwendig, überhöhte Schalenwildbestände dauerhaft auf ein waldbaulich vertretbares Maß hin einzuregulieren. Darum ist es geboten, im Zuge der anstehenden Novellierung des Bundesjagdgesetzes die rechtlichen Voraussetzungen deutlich darauf auszurichten, Wald und Schalenwild in Einklang zu bringen.
Das Thema „Nachhaltigkeit“ ist wichtig. Was bedeutet nachhaltige Waldwirtschaft?
Zuerst bedeutet Nachhaltigkeit nicht mehr Holz zu ernten als nachwächst. Nachhaltige Waldwirtschaft bedeutet darüber hinaus, dass Pflege und Bewirtschaftung unserer Wälder im Interesse ihres gesunden, stabilen und leistungsfähigen Zustandes erfolgen müssen.
Sie sagen, der Holzmarkt sei dramatisch eingebrochen. Woran liegt das?
Die Kalamitäten der vergangenen Jahre haben bei Nadelstamm- und Industrieholz einen deutlichen Rückgang der Holzpreise zur Folge. Die Märkte sind seitdem zu weiten Teilen von einem kaum noch absetzbaren Überangebot geprägt und im Prinzip total zusammengebrochen. Aktuell werden Schadhölzer nur noch in begrenztem Umfang gehandelt, da die Qualitäten weitgehend unverkäuflich sind bzw. keine Nachfrage nach diesen Hölzern besteht. Sie haben damit auch keinen Preis. Im Ergebnis gibt es mittelfristig keinen Holzmarkt mehr. Zusätzlich trafen die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Holzmärkte in Frankreich, Spanien und Portugal.
Was muss getan werden, dass man hier eine Kehrtwende schafft?
Einerseits ist kurzfristig zu hoffen, dass die Kette der Jahre mit Extremwetterereignissen ein Ende hat. Andererseits geht es langfristig, vor allem darum, aufzuforsten und in das Ökosystem Wald zu investieren, um es widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel zu machen.
Warum ist „Bauen mit Holz“ so wichtig?
Das Bauen mit Holz ist die wohl effizienteste Methode, um CO2-Emissionen zu vermeiden. Durch die Verwendung von Holz werden energieintensive Materialien wie Beton oder Stahl klimafreundlich ersetzt. Gleichzeitig wird im verbauten Holz dauerhaft CO2 gespeichert.
Ihre Prognose: Wie sieht der deutsche Wald in 100 Jahren aus?
Es werden gemischte, bunte und klimastabile Wälder sein.
Die Voraussetzung für den Wald in 100 Jahren müssen heute in einem Kraftakt zwischen Waldbesitzenden und der öffentlichen Hand geschaffen werden. Wir müssen jetzt die Weichen stellen für eine breite Baumartenpalette und offen sein für klimaresistente Baumarten, auch aus nicht heimischen Herkünften.
Mehr Informationen zum Deutschen Forstwirtschaftsrat finden Sie hier.