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„Die Kunst besteht darin, online und offline zu verbinden“
Interview mit Martin Fuchs, Politikberater und Blogger
Herr Fuchs, hat Social Media die Kommunikation zwischen Bürgern und der Politik verändert?
Martin Fuchs: Ganz klar: Ja! Die Sozialen Netzwerke sind ein besonders niederschwelliges Angebot, das den Dialog mit den Bürgern ermöglicht. Wenn Politiker bereit sind, diesen Dialog zu führen, können sie hier das Ohr ganz nah am Bürger haben und bei schneller Reaktion nicht nur in Diskussionen vorkommen, sondern diese auch entscheidend prägen. So werden sie auch ganz neu wahrgenommen.
…und auf Parteien bezogen?
Martin Fuchs: Das ist eine kulturelle Frage. Die klassische Situation – eine Partei gibt eine Pressemitteilung heraus und nimmt damit am Meinungsbildungsprozess teil – funktioniert so nicht mehr. Vielmehr müssen Parteien verstehen: Kontrollverlust und Transparenz müssen gelebt werden. Darin liegen gleichermaßen Herausforderung und Potenzial, denn Parteien können mit Social Media Zielgruppen erreichen, an die sie sonst nicht so leicht herankommen.
Welchem Kandidaten würden Sie Social Media als Kommunikationsmittel eher nicht empfehlen?
Martin Fuchs: Grundsätzlich sollte man als Politiker natürlich auch in den Sozialen Netzwerken präsent sein – denn ein großer Teil der Menschen in Deutschland ist dort. Wenn man aber partout keine Zeit und Lust hat dazu, vielleicht keine Kritik aushalten mag und eher der harmoniesüchtige Typ ist – dann sollte man es vielleicht wirklich lassen.
Wenn die Ressourcen knapp sind: Sollte ein Kandidat eher auf Plakate oder auf die eigene Facebook-Seite verzichten?
Martin Fuchs: Die Kunst besteht ja darin, online und offline zu verbinden. Mit Online-Kampagnen allein kriegt man keinen mobilisiert, deshalb rate ich in jedem Fall, auf beides zu setzen. Gerade mit Blick auf die mobile Nutzung des Internets bieten sich da viele Möglichkeiten – und das nicht nur auf junge Zielgruppen zugespitzt, denn auch immer mehr Ältere nutzen Smartphones und Tablets. Vielmehr geht es um die Verschmelzung: Als Kandidat kann ich zum Beispiel eine Auswahl von Plakaten online stellen und die Nutzer darüber abstimmen lassen. Hier gilt dann auch wieder: Ein Stück weit muss ich dabei Kontrollverlust zulassen.
Was muss man tun, damit aus einem Social Media-Kanal eine engagierte Online-Community wird? Dass der Nutzer zum Wähler wird?
Martin Fuchs: Dazu tragen vier Faktoren bei: Erstens. Kontinuierlich dranbleiben! Ich muss meine Facebook-Seite regelmäßig bespielen, nicht erst drei Wochen vor der nächsten Wahl. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Zum Zweiten: Ich bin kein Sender. Das heißt: Ich muss Fragen stellen und zuhören, um meine potenziellen Wähler einzubinden. Auch hier noch mal das Beispiel: Wieso nicht mal meine Facebook-Fans entscheiden lassen, mit welchem Plakatmotiv ich in den Wahlkampf starte? Drittens. Auf meiner Facebook-Seite kann ich Inhalte ganz anders aufbereiten als auf meiner Website. Auf Facebook laufen audiovisuelle Inhalte super, das Netzwerk hat seine ganz eigenen Formate wie etwa Facebook Live. Damit kann ich meine Rede vom Neujahrsempfang ohne großen Aufwand live im Netz übertragen. Das Gleiche gilt auch für Twitter und seinen Streaming-Dienst Periscope. Und schließlich: Die Vernetzung ist entscheidend! Als CDU-Politiker like ich nicht nur Seiten und Beiträge anderer CDU-Verbände, sondern teile auch mal Postings ganz anderer Seiten, mit deren Inhalten ich meine eigenen Botschaften verbinden kann.